Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

42 Die Grenzen des Disciplinar-Strafrechtes. 
Die richtige Beantwortung der aufgeworfenen Trage setzt eine 
genaue Unterscheidung der strafbaren Handlungen in Verbrechen, 
Vergehen und Disciplinar-Übertretungen voraus. 
I. 
Das Militär-Strafgesetz unterscheidet Militär-Verbrechen und Ver- 
gehen, Verbrechen wider die Kriegsmacht des 'Staates und gemeine 
Verbrechen und Vergehen. 
Die Militär-Verbrechen und Vergehen sind ein Bruch der Militär- 
Standespflichten: der Treue, des Gehorsams, der Tapferkeit und der 
Wachsamkeit. Militär-Delicte sind: Subordinations -Verletzung, Deser- 
tion, Feigheit, Selbstbeschädigung und andere. Eines solchen Delictes 
können sich nur Soldaten, da nur sie die Kriegsartikel beschworen 
haben, schuldig machen. 
Die gemeinen Verbrechen und Vergehen sind strafbare Hand- 
lungen, welche gegen die staatliche und bürgerliche Ordnung begangen 
werden, als: Hochverrath, Mord, Raub, Diebstahl u. s. w. Der Soldat 
ist ebenfalls Bürger und muss die bestehenden Gesetze beobachten. 
Im allgemeinen haben die Rechtsverletzungen des Soldaten hier den- 
selben Charakter wie die des Nichtsoldaten, weshalb auch im ganzen 
das Militär-Strafgesetz über gemeine Verbrechen und Vergehen mit 
dem Civil-Strafgesetze übereinstimmt. Allein es gibt unter den gemeinen 
Verbrechen (Vergehen) solche Delicte, welche, wenn sie von einem Sol- 
daten begangen werden, zur Erhaltung der Disciplin strenger zu be- 
strafen sind, als wenn sie von Nichtsoldaten begangen werden. 
Dies ist der Fall beim Hochverrath, dann beim Diebstahl, wenn 
derselbe im Dienste, oder zum Nachtheil eines Kameraden, eines Vor- 
gesetzten oder Untergebenen begangen wird, dann bei Veruntreuungen 
im Dienste, bei Schlägereien unter Soldaten u. s. w. Alle diese Delicte, 
welche mit dem Dienste im Zusammenhange stelien, nennen wir mili- 
tärisch-qualificierte gemeine Verbrechen oder Vergehen.') 
Verbrechen wider die Kriegsmacht ‘des -Staates sind jene Ver- 
brechen, deren unmittelbares Object die Kriegsmacht ist. Unser Gesetz 
erklärt als diese Verbrechen: 1. Die unbefugte Werbung; 2. die Ver- 
leitung oder Hilfeleistung zur Verletzung eidlicher Militär- Dienstver- 
pflichtung; 3. die Ausspähung und andere gegen die Kriegsmacht des 
Staates gerichtete Handlungen. 
Sowohl die Verbrechen als die Vergehen sind Verletzungen der 
}) Dass sich die Competenz der Militärgerichte auf alle strafbaren Handlungen 
der Soldaten zu erstrecken hat, habe ich bereits in meinem „Militär-Privatrecht“, 
S. 15, ausgeführt.
	        
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