50 Die Grenzen des Diseiplinar-Strafrechtes.
c) Pflichtverletzung im Wachdienste.
Von den im Gesetze aufgezählten Fällen wollen wir nur von der
Pflichtverletzung des Postens sprechen. Der Postens macht sich eines
Verbrechens schuldig, wenn er sich berauscht oder dem Schlafe über-
lässt ($ 231). In dieser Beziehung dürfte wohl schwerlich ein Irrthum
unterlaufen, da allgemein bekannt ist, dass diese Handlungen den That-
bestand eines Verbrechens bilden, und somit eine Disciplinar-Bestrafung
ausgeschlossen ist. Allein das Gesetz erklärt ferner als Verbrechen,
wenn der Posten sich vorschriftswidrige Bequemlichkeiten erlaubt. Unter
den als Verbrechen anzurechnenden Bequemlichkeiten dürften aber mur
solche zu verstehen sein, welche mit dem Wachdienste gänzlich un-
vereinbar sind, z. B. Sitzen am Posten, Weglegen des Gewehres und
Rauchen, nanrentlich bei Posten, welche bei leicht entzündbaren Gegen-
ständen aufgeführt sind. In allen diesen Fällen ist das Disciplinar-
Strafrecht ausgeschlossen. Geringere Bequemlichkeiten, die sich der
Posten erlaubt, welche aber nicht im direeten Widerspruche mit der
Versehung des Dienstes stehen, bilden ein Vergehen der Pflichtver-
letzung im Wachdienste, welches, da die gesetzliche Strafe Arrest bis
zu drei Monaten ist, im Disciplinarwege bestraft werden kann. Solche
Fälle sind, wenn der Posten nicht die gehörige stramme Haltung be-
obachtet, wenn er nicht vorschriftsmäßig adjustiert ist, wenn er die Hand
in der Tasche hält u. a.
d) Feigheit.
Die Feigheit ist nach unserem Gesetze ein Verbrechen; nur feige
Äußerungen, welche bei anderen ohne nachtheiligen Eindruck geblieben
sind und auch nach Zeit und Umständen, wo sie statthatten, erhebliche
Gefahr nicht nach sich ziehen konnten, werden mit strengem Arreste
von drei bis sechs Monaten bestraft. Es ist deshalb eine Disciplinar-
Bestrafung ausgeschlossen. Zur Feigheit wird die Anwesenheit bei der
Truppe auf dem Kriegsschauplatze vorausgesetzt. Im Frieden kann
daher das Verbrechen (Vergehen) der Feigheit nicht begangen werden.
Feige Handlungen des Soldaten im Frieden sind nur dann gerichtlich
strafbar, wenn er aus Furcht eine Handlung begeht, welche den That-
bestand eines anderen Verbrechens oder Vergehens bildet; wenn
2. B. eine Schildwache aus Furcht den Posten verlässt, oder wenn eine
Patrouille aus gleicher Ursache eine Gefahr zu hindern unterlässt, so
liegt Pflichtverletzung im Wachdienste vor. — In diesen Fällen ist ein
anderes Militär-Delict als Feigheit vorhanden, und es entscheidet über
die Frage, ob eine Disciplinarstrafe noch zulässig ist, der Umstand, ob
ein Verbrechen oder ein Vergehen vorhanden ist, und im letzteren Falle
die festgesetzte Arreststrafe. Feige Handlungen des Soldaten im Frieden,