66 Die Militär-Gerichtsbarkeit in ihrer historischen Entwicklung etc.
jeder bestand aus 41 Landsknechten — geschöpft und vom ganzen Re-
gimente gebilligt wurde; oder es entschied ein Geschwornengericht
unter Zuziehung eines Schultheißen, der später nach spanischem Vor-
bilde Auditor genannt wurde und in der Regel ein Rechtskundiger
war. Das Reiterrecht konnte nur vom Feldmarschall berufen werden,
und wurde in seiner Gegenwart unter Zuziehung von zwölf, nach
Wichtigkeit der Angelegenheit von 24 Standesgenossen, jedoch ohne
Rechtsverständige, das Urtheil geschöpft. Das Verfahren war ein öffent-
liches, mündliches, beruhte auf dem Anklageprincip, und das Urtheil
wurde in der Regel (die Ausnahme bildet das Recht des langen Spießes)
in einer Jurie von Standesgenossen geschöpft. Wir finden in dem
Militär-Strafverfahren im wesentlichen dieselben Grundsätze, welche bei
den deutschen Gerichten überhaupt nach der Strafprocess - Ordnung
Karls V. galten. Das Princip der Genossenschaftlichkeit, wonach jeder
nur von seinen Genossen und Gleichen abgeurtheilt werden konnte,
war im Militärrechte anerkannt, und es galt als eine Ehre des Regi-
ments, selbst die Gerichtsbarkeit ausüben zu können, wie dies Schiller
in „Wallensteins Lager“ treffend bezeichnet:
Dies Regiment hat was voraus,
War immer voraus bei jedem Strauß,
Darf auch seine eigene Justiz ausüben.
Nach und nach bildete sich aber in Deutschland, namentlich unter dem
Einflusse des canonischen Rechtes, das Strafverfahren zu einem inqui-
sitorischen, heimlichen um, und dieselben Veränderungen finden wir in
dem Militär-Strafverfahren im 17., namentlich aber im 18. Jahrhundert.
Eine wesentliche Förderung hat das Militärrecht durch die Kriegsartikel
Gustav Adolphs (vom Jahre 1621) erfahren, welche in Brandenburg
eingeführt wurden und die Grundlage des preußischen Militärrechtes
wurden. Über das Verfahren war in denselben nichts enthalten, und in
Gesetzen des großen Kurfürsten (1640 —1680) findet man bereits das
inquisitorische Verfahren, welches in den Gesetzen Friedrichs III. (als
König von Preußen Friedrich I.) die Regel bildete.
Der Militär-Gerichtsstand erstreckte sich fortwährend auf Straf-
sachen und auf Civilsachen aller Militärpersonen, und wird, wie wir
aus der Auditeurs-Instruction vom Jahre 1712 entnehmen, ein privile-
gierter genannt; derselbe war auch ausgedehnt auf die Familien und
das Dienstpersonal der Militärpersonen.
Die Geschichte der Militär-Gerichtsbarkeit und des Militär-Straf-
processes in Frankreich stimmt mit der Deutschlands überein. Wichtige
Veränderungen aber führte die große französische Revolution herbei.
Durch das Decret vom 30. September 1791, Art. 1, wurde die Militär-