Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Die Militär-Gerichtsbarkeit in ihrer historischen Entwicklung ete. 71 
Abweichungen !) für den Soldaten nöthig, so Ehebeschränkungen, Zu- 
lässigkeit der Execution auf einen bestimmten Theil der Gage, da hier- 
durch in den militärischen Dienst und die Verpflegung eingegriffen 
wird. Im allgemeinen aber gelten die Bestimmungen des Privatrechtes 
für den Soldaten, wie für den Bürger, und der Gerichtsstand ist ein 
gleicher. Das Strafrecht aber wird vom Staate im eigenen Interesse 
ausgeübt und gehört dem Öffentlichen Rechte an. Das Heer bildet ein 
selbständiges wichtiges Glied im Staats-Organismus, das zweckentspre- 
chende Bestehen desselben ist von bestimmten Voraussetzungen ab- 
hängig. Eine dieser Voraussetzungen ist die selbständige Ausübung der 
Straf-Gerichtsbarkeit. Es ist für das Heer von großer Bedentung, wer 
die Straf-Gerichtsbarkeit über die Angehörigen desselben ausübt. Alles, 
was für das Heer wichtig ist, ist es auch für den Staat. Die Unab- 
hängigkeit des Staates, die Freiheit seiner Bürger, das Gedeihen und 
Blühen des Handels und der Gewerbe sind durch das Bestehen eines 
starken und schlagfertigen Heeres bedingt. Unterwerfung unter Fremd- 
herrschaft und die daraus entstelienden unabsehbaren Nachtheile für 
jeden einzelnen Staatsangehörigen sind stets die Folgen einer nicht 
genügenden Wehrverfassung oder einer fehlerhaften Heeres-Organisation, 
kurz, einer nicht entsprechenden militärischen Machtstellung. Unsere 
Aufgabe ist es nicht, die Umstände zu prüfen, von welchen die Lei- 
stungsfähigkeit des Heeres abhängt, es genügt uns, hier darauf hinzu- 
weisen, dass allgemein anerkannt ist, dass ein mächtiges Heer nur dann 
vorhanden sein kann, wenn in demselben Disciplin herrscht. Die Disci- 
plin ist nicht etwas an sich Gegebenes, sondern ist durch das Zu- 
sammentreffen verschiedener Voraussetzungen bedingt, als durch das 
entsprechende, der Individualität der Untergebenen angemessene Vor- 
gehen der Vorgesetzten im Dienste und außer demselben, durch die 
militärische Schulung und Bildung des Soldaten, durch Achtung vor 
dem Gesetze und durch strenge und gerechte Bestrafung aller die Disci- 
plin schädigenden Handlungen oder Unterlassungen. 
Die letzte Bedingung, welche nicht als eine unwesentliche an- 
gesehen werden kann, fordert, dass alle strafbaren Handlungen von 
activ dienenden Militärpersonen durch eine Jury (ein Spruchgericht) 
von Standesgenossen abgeurtheilt werden. 
Die bürgerliche Strafgerichtsbarkeit wird zur Erhaltung der öffent- 
lichen Ordnung, die Militär-Strafgerichtsbarkeit zur Aufrechthaltung 
der Disciplin ausgeübt. Da die Voraussetzungen beider verschieden 
sind, so tritt diese Verschiedenheit auf allen Gebieten des Militärrechtes 
  
!) Daude, „Die bürgerlichen Rechtsverhältnisse der Militärpersonen“, Berlin 
1880; für Österreich mein „Militär-Privatrecht“, Inusbruck 1882.
	        
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