2 Das Militär-Stratrecht des Alterthums und der Gegenwart.
älteren Zeiten anf Gewolnheit und Kriegsgebräuchen ; es waren keine
bestimmten Strafen auf die einzelnen Militär-Delicte gesetzt, sondern
der Feldherr strafte (ie Vergehen nach eigenem Ermessen. Das Straf-
recht über die römische Armee war ein Ausfluss des Imperiums, stand
also dem König, zur Zeit der Republik den Gonsuln oder dem Dictator
und dann dem Kaiser zu.
Der römische Feldherr hatte das Recht über Leben und Tod der
Soldaten; gewöhnlich berietli er die Angelegenheit in einem Consilium,
ohne jedoch an den Ratlı desselben gebunden zu sein, wiewohl es selten
vorkam, dass der Feldherr gegen den Rath des Consiliums eine Todes-
strafe verhängte.
Die Quellen des römischen Militär-Strafrechtes sind die alten Ge-
schichtswerke und das Corpus juris Justinians, welches ich in der Folge
auf die allgemein bekannte Art citiere.
Für das Mittelalter sind die Artikelbriefe und Reiterbestallungen
die Quellen für das Militär-Strafrecht.
Die wichtigsten sind die von Maximilian I. im Jahre 1508 er-
lassenen Kriegsartikel für die Landsknechte, ferner die Reiterbestallung
Maximilians II. vom Jahre 1570. Gustav Adolf erließ im Jahre 1621
Kriegsartikel, welche mit einigen Änderungen in Brandenburg einge-
führt und so zur Grundlage des preußischen Militär-Strafrechtes wur-
den. In Österreich war die Carolina, die peinliche Halsgerichtsordnung
Karls V., das giltige Gesetz für die Armee in gemeinen Verbrechen. Da-
neben bestanden die Kriegsartikel. Die letzten Kriegsartikel, welche als
Militär-Strafrecht anzusehen sind, waren in Österreich die vom Jahre 1808.
Gegenwärtig gelten in Österreich-Ungarn das Militär-Strafgesetz-
buch vom 15. Jänner 1855, in Frankreich das Strafgesetz für das Land-
heer vom 9. Juli 1857, in Italien der Codice penale per l’esercito vom
28. November 1869, und in Deutschland das Militär-Strafrecht vom
20. Juni 1872.
Im Folgenden spreche ich:
I. von den Militär-Delicten im allgemeinen,
II. von den militärischen Strafen,
III. von den einzelnen Militär-Delicten,
IV. vom Einfluss des Völkerrechtes anf das Militär-Strafrecht.
I. Von den Militär-Delieten im allgemeinen,
Das römische Militär-Strafrecht unterscheidet,') sowie das öster-
reichische, französische, italienische und deutsche Militär-Strafrecht,
L.2 (47,16): „Militum delieta sive admissa aut propria sunt, aut eum care-
teris communia.“