Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

14 Die Militär-Gerichtsbarkeit in ihrer historischen Entwicklung etc. 
Dienstvergelien des Soldaten zu beschränken, abgelehnt. Dagegen wurde 
der Reichskanzler aufgefordert, mit thunlichster Beschleunigung dem 
Reichstage den Entwurf einer Militärstrafprocess-Ordnung vorzulegen, 
wodurch das Militär-Strafverfahren mit den wesentlichen Formen des 
ordentlichen Strafverfahrens umgeben wird. 
Für die Ausdehnung der Militär-Jurisdiction auf alle strafbaren 
Handlungen der Militärpersonen sprechen noch folgende Gründe: 
Es ist eine Forderung des modernen Völlkerrechtes der civilisierten 
Staaten, dass im Kriege die Militär-Jurisdiction alle strafbaren Hand- 
lungen der Soldaten umfasst. Dies muss sein, soll nicht der Krieg wieder 
ein Zustand gänzlicher Rechtslosigkeit werden, soll das Heer nicht der 
Schrecken des Landes werden, in welchem es sich aufhält. Bei einer 
Beschränkung der Militär-Gerichtsbarkeit im Frieden auf die soge- 
nannten Dienstvergehen würde im Kriege nicht die entsprechende An- 
zahl von Militärrichtern vorhanden sein, um die Gerichte der bedeutend 
größeren Armee im Kriege zu besetzen, auch würde es den Richtern 
an der nöthigen Praxis mangeln. Anerkannt ist es von militärischen 
Autoritäten, dass das Heer schon im Frieden dieselben Einrichtungen 
haben soll, die der Krieg erfordert, denn nur das ist für das Heer von 
Wert, was sich im Kriege bewälırt. 
Oft concurrieren ferner Militär- und gemeine Delicte, und zwar 
entweder so, dass eine Handlung den Thatbestand eines gemeinen 
und eines militärischen Delictes bildet (ideales Zusammnntreffen), was 
namentlich bei den Vergehen der Wachen der Fall ist, oder es liegen 
mehrere Handlungen vor, welche den Thatbestand von militärischen 
und gemeinen Delicten bilden (reales Zusammentreffen), z. B. Desertion, 
Diebstahl, Veruntreuung. In diesen Fällen wäre es gewiss misslich, 
wegen der concurrierenden strafbaren Handlungen Untersuchungen vor 
verschiedenen Behörden einleiten zu müssen. 
Das militärische Princip bringt, wie wir bereits gehört, auch in 
den allgemeinen strafrechtlichen Lehren Modificationen mit sich, was 
nicht allein für die militärischen, sondern auch für die gemeinen Delicte 
von Bedeutung ist, etwa da ein Soldat auf Befehl seines Vorgesetzten 
eine strafbare Handlung begeht, oder wenn die Thatfrage zu ent- 
scheiden ist, ob Furcht von der Zurechnung einer strafbaren Handlung 
entschuldigt, oder wenn die Wache von ihrer Waffe Gebrauch macht 
und jemanden verletzt, wo die Frage zu entscheiden kommt, ob der 
Waffengebrauch gerechifertigt war. In diesen und ähnlichen Fällen 
kann die Strafsache nur durch ein unparteiisches Gericht aus Standes- 
genossen, die die Pflichten und Obliegenheiten, die der Soldat hat, 
genau kennen, richtig beurtheilt und entschieden werden. 
Endlich sprechen für die bestehende Ausdehnung der Militär-
	        
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