Full text: Militär-Rechtliche und Militär-Ethische Abhandlungen.

Die Bedeutung des militärischen Betelhles für das Militär-Strafrecht. 17T 
jubet dare; ejus vero nulla culpa est, cui parere necesse sit“ (1. 169, 
pr. D. de R. J.). 
Es verhält sich ähnlich mit dem Falle, wenn ein fremdes Recht 
durch den Willen des Staates selbst aufgehoben wird.!) Verbrechen 
sind unsittliche Handlungen, durch welche ein öffentliches oder privates 
techt verletzt wird. Zur Strafbarkeit gehört die Bedrohung durch das 
Strafgesetz. Wenn jedoch ein Recht kraft einer Dienstgewalt den be- 
stehenden Gesetzen des Staates gemäß aufgelioben wird, so liegt eine 
strafbare Rechtsverletzung nicht vor. Derjenige, welcher nach dem im 
Gesetze ausgesprochenen Willen des Staates handelt, kann niemals eine 
strafbare Handlung begehen. Aus diesem Grunde ist im Kriege die 
Tödtung des Feindes erlaubt, und können gegen die feindliche Kriegs- 
macht alle zur Bekämpfung derselben dienlichen, durch das Völkerrecht 
erlaubten Mittel angewendet werden. Wir wollen jedoch zu unserer 
Frage zurückkehren, 
Wir haben vorhin gesagt, dass, soweit, die gesetzlich bestimmte 
Pflicht zum Gehorsam reicht, der gehorchende Untergebene von jeder 
Verantwortung frei ist. Ks entsteht: nun aber die Frage: inwieweit 
besteht die Pflicht zum Gehorsam? 
Der Gehorsam gegen die Befehle des Vorgesetzten ist das Lebens- 
prineip eines jeden Heeres; olıne diesen Gehorsam ist ein Militärrecht 
und daher auch ein Heer überhaupt nicht denkbar.”) Die strengen 
Stralbestimmungen gegen den Ungehorsam auf einen Befehl des Vor- 
gesetzten sind aus höheren Rücksichten, zur Erhaltung der staatlichen 
und bürgerlichen Ordnung und der Thatkraft der Armee nöthig. Der 
befehlende Vorgesetzte verantwortet allein deZweckmäßigkeit des 
Befehles, ihn allein trifft die Schuld, wenn der Ausgang böse Folgen 
hat; er haftet hiefür mit seiner Ehre, oft mit seinem Leben, und des- 
halb muss der Untergebene sein Urtheil dem des Vorgesetzten unter- 
ordnen. Es fragt sich aber, wenn der Vorgesetzte etwas befiehlt, was 
die Strafgesetze verbieten, wird der gehorchende Untergebene mit- 
verantwortlich? Soweit die gesetzliche Pflicht zum Gehorsam reicht, 
kann — wie bereits gesagt — für die Ausführung des Befehles den 
Untergebenen keine Verantwortung treffen. Die Verantwortung des Unter- 
gebenen fängt erst da an, wo das Gesetz ihn nicht melır zum Gehorsam 
verpflichtet. Manche Schriftsteller (von den älteren z. B. der heilige 
Angustinus,?) von den neueren Brauer) haben die Ansicht ausgesprochen, 
lass für den Befell immer nur der Befehlende verantwortlich sei, und 
I\ Berner, „Lehrbuch des deutschen Strafrechtes“, 11. Aufl., 8. 149. 
>) „Die Pieeolomins“ von Sehiller, zweiter Aufzug, siebenter Auftritt. „Das ist 
der Gehorsam. den man mir schuldig. olme den kein Kriegsstand zu denken ist?“ 
, „De eiv. Dei“, 11h. 50, cap. 26.
	        
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