90 Über den heutigen Stand der Militär-Rechtswissenschaft u. -Gesetzgebung.
kunst waren, durch ihre Waffen die ganze damals bekannte Welt sich
unterwarfen, als auch die größten Juristen aufzuweisen haben, welche
durch die literarische Ausbildung des Rechtes am meisten dazu bei-
trugen, dass das römische Recht im Mittelalter in den wichtigsten
Culturstaaten recipiert wurde, und dass dasselbe vermöge der tech-
nischen Ausbildung der wichtigsten Rechts-Institute noch heutzutage
die Grundlage unseres Civilrechtes bildet.
In der deutschen Literatur ist mir über das römische Militär-
Strafrecht außer einigen Bemerkungen in den verschiedenen Lehr-
büchern und Compendien (vergleiche insbesondere Rein, „Oriminalrecht
der Römer“; Geib, „Geschichte des römischen Criminalprocesses®, S. 502;
Bethmann-Hollweg, „Handbuch des Civilprocesses“, S. 93) nur ein kurzer
Aufsatz von Brauer im „Archiv des Criminalrechtes“ von Abegg, 1853,
bekannt. — Anerkennung verdient das Werk von M. Oarcani, „Dei
reati, delle pene e dei giudizi militari presso i romani“, Milano, 1874.
In diesem Werke wird unter Berücksichtigung nicht nur der im Corpus
juris enthaltenen Fragmente der römischen Juristen, sondern der ge-
sammten uns erhaltenen römischen Literatur eine treffende Darstellung
des römischen Militär-Strafrechtes dargeboten. Dem bezeichneten Werke
ist ob des rechtshistorischen Interesses ein dauernder Platz in der
militärrechtlichen Literatur gesichert.
Die Werke, welche sich mit der so wichtigen Reformfrage des
Militär-Strafprocesses beschäftigen, sind zugleich rechtshistorischen oder
rechtsvergleichenden Inhaltes, indem sie entweder auf die historische
Entwicklung des Militär-Strafverfahrens oder auf die gegenwärtig in
den verschiedenen Staaten bestehenden Militär-Strafprocess-Ordnungen
Bedacht nehmen, um so nachzuweisen, auf welchen Grundlagen eine
neue Militär-Strafprocess-Ordnung zu beruhen hat.
Wir wollen die wichtigsten Werke kurz besprechen, heben jedoch
ausdrücklich hervor, dass wir unsere eigene Ansicht über die Neu-
gestaltung des Militär-Strafverfahrens, d.h. darüber, auf welchen Princi-
pien eine Militär-Strafprocess-Ordnung zu beruhen hat, und wie die
Prineipien durchzuführen sind, hier nicht zum Ausdruck bringen wollen.
Wir referieren nur über die Werke anderer und bitten den geehrten
Leser, aus einem oder dem anderen Satze keinen Schluss auf unsere
eigene Ansicht zu ziehen.
Zunächst ist hier zu nennen das Werk des preußischen General-
Auditeurs Dr. Karl Friccius: „Entwurf eines deutschen Kriegsrechtes,
erläutert durch eine Geschichte des deutschen Kriegsrechtes“ (der
deutschen National-Versanımlung im Jahre 184S überreicht).
Der erste "Theil des Werkes enthält eine Geschichte des Kriegs-
rechtes von Zeiten der Römer bis auf die Gegenwart (1848). Es ist