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IIII. Bestimmungen, betreffend das Verfahren bei Ausübung der
Strafgerichtsbarkeit.
§. 35. Bei Ausübung der Strafgerichtsbarkeit der Konsuln be-
stimmt sich das Verfahren, soweit nicht nachstehend ein Anderes ange-
ordnet ist, sowohl in Betreff der Führung der Untersuchungen, als der
Abfassung und Vollstreckung der Erkenntnisse gleichfalls nach den für
die im G. 2. bezeichneten Landestheile bestehenden Vorschriften.)
§. 36. Die Konsuln sind zur Verfolgung der strafbaren Hand-
lungen von Amtswegen verpflichtet; sie haben sich in dieser Hinsicht
nach den Vorschriften der Allgemeinen Kriminalordnung vom 11. De-
zember 1805, insonderheit nach den Bestimmungen über die gesetzlichen
Veranlassungsgründe einer Untersuchung zu richten. Die Bestimmungen,
welche die Bestrafung von dem Antrage einer Privatperson abhängig
machen werden hierdurch nicht berührt.
Die Vorschriften, welche auf die Zuziehung der Staatsanwalt-
schaft sich beziehen oder dieselbe voraussetzen, bleiben in allen bei den
Konsuln anhängigen Untersuchungen außer Anwendung.
§. 37. Der verhaftete Angeschuldigte kann sich von dem Augen-
blick seiner Verhaftung an eines Vertheidigers aus der Zahl der im
6. 15. erwähnten Personen bedienen. Ein solcher Vertheidiger ist be-
fugt, schon während der Voruntersuchung sich ohne Beisein einer Ge-
richtsperson mit dem Angeschuldigten zu besprechen und den gerichtlichen
Untersuchungsverhandlungen beizuwohnen.
§. 38. Das über den Hergang in der Hauptverhandlung aufzu-
nehmende Protokoll ist vor der Entscheidung in Gegenwart des Ange-
klagten und seines Vertheidigers vorzulesen. Ingleichen muß jeder bei
der Hauptverhandlung vernommenen Person ihre Aussage unmittelbar
nach der Protokollirung derselben vorgelesen werden. Bei der Verlesung
sind die Betheiligten mit Erklärungen und Anträgen zum Zweck der
Berichtigung und Ergänzung des Protokolls zu hören. Die geschehene
Verlesung ist im Protokoll zu vermerken.
§. 39. Wenn für die strafbare Handlung nach den im §. 35. er-
wähnten Gesetzen die Zuständigkeit der Einzelrichter begründet ist, so
erfolgt die Untersuchung und Entscheidung durch den Konsul nach den
. föorns Untersuchungsverfahren durch Einzelrichter bestehenden Vor-
chriften.
§. 40. Ist die strafbare Handlung ein zur Zuständigkeit der
Gerichtsabtheilungen gehöriges Verbrechen oder Vergehen, so erfolgt die
Untersuchung und Entscheidung durch das Konsulargericht (&. 9.) nach
den für das Untersuchungsverfahren durch Gerichtsabtheilungen bestehen-
den Vorschriften.
§. 41. Hält das Konsulargericht eine gerichtliche Verfolgung für
gesetzlich begründet, so verordnet es die gerichtliche Voruntersuchung,
welche von dem Konsul geführt wird. Der mündlichen Verhandlung
vor dem Konsulargericht muß in der Voruntersuchuug eine Vernehmung
des Angeschuldigten vorhergehen, bei welcher ihm der Gegenstand der
Anschuldigung und der Inhalt der erhobenen Beweise mitzutheilen ist.
§. 42. Ist der Angeschuldigte ein Preuße, welcher sich nur vor-
übergehend im Auslande aufhält, so ist der Konsul in den Fällen der