so vielen Romantikern überschützt, von so vielen gar zu
Nuchternen unterschätzt wird, im Wiesentthale vertreten;
allein das Franziskaner-Hospitium (1723 als Kapuziner-
Hospilium gestillel) zu Gösweinstein ist doch ein sich an-
näherndes Erinnerungsmaal an alldas Gute und Schlimme,
an das Conlemplative, sowie das Reelle irdischer Vollge-
müssc, das in Zellen, Kreutzgüngen und Gürten der Klöster
geborgen war, und wenn man gerade die rechte Stunde
trifft am ersten Trinilatissonnlag im schönen Junimonat,
so Kkann man aus weiter Ferne den Gesang von unzähligen
männlichen und weiblichen Stlimmen vernehmen, und
darauf erscheint ein langer Zug von Walllahrern mit
Kreutzen, Kirchenfahnen und Rosenkranz, den Berg
herauf, in die Kirche mit dem Bilde der heiligen Drei-
lalligkeit, dessen Wunderthäligkeilsanfang nicht zuhe-
stimmen ist, zichend, Heil und Trost für den kKranken
Leib und die kranke Seelc erflehend mit dem festen
Glauben an die Erhörung. Gleichviel für uns, ob es
geschicht. die Drozession diente jedoch in ihrem test-
lichen Schmuck, den Trachten nach zu schliessen, zu-
sammengeselzt aus verschiedenen Bewohnern der ka-
tholischen Landstriche Bayerns, als eine eigenthümliche
Zier für den Augenblick, wo die ganze Gegend in dem
hellen Glanze der Sonne lag, der vom wolkenlosen
Himmel niederliel und in dem jungen Frühlingsgrün
einen wohlthuenden Farbenschmelz erzeugte. Späler,
nachdem wir das Kloster besucht, bewirthete uns ein
Franziskanermönch, dessen Clieder eine braune Kutte
nicht mehr Klösler entstanden sind. Was von einem chema-
ligen Dominikanerklosler in Muggendorl angeführt ist, kann
nicht begründet werden.
Von seinerem Stoffe deckte, seine Bewegungen waren
flink und zierlich, seine Gesichtszüge liessen den Mann
ans dislinguirter Fumilie erkennen, und die Reinheit des
Accentes, mit der er die französische Sprache behan-
dellc, regien unser Inleresse für den Klosterbruder in
hohem Crade an. Er war von Geburtaber Haliener, der
klosterzwang drückte ihn nicht sehr und die Freude
an der Welt hatte er keineswegs verloren. Von den
Wundern des Dreisaltigkeitsbildes führte er das als das
Grösste an, dass noch immer Tausende davon ange-
zogen würden, wovon wir eben selbst Zeuge gewesen
wWüren. W’ir begleiteten den Mönch in seine Zelle und
auch hier erschien bei aller Einfuchheit die Einrichtung
heimischer und freundlicher, als in den übrigen. Ein
Kruzilik, der Leib des Gekreutzigten aus Ellenbein, an
Dolirtes Ehenholz mit goldenen Nägeln geheltet (auch
das: J. N. B. J. auf goldener Plalte), war ein Meister-
Werk der Skulplur und der Maler einer Copie der Ma-
donna della Sedia hatte das Original so licf verstanden,
dass sowohl Zeichnung wie Farbhaltung den wahren
Künstler im Historienfache erkennen liessen. Wenn,
wie es hier der Fall sein konnte, Andacht mit dem
Culius der Kunst Hand in Hand geht, so möchte wohl
die erstere eine Läuterung durch die letztere erfahren,
und die katholische Kirche durch ihre Vereinigung mit
der Kunst ein Hilligeres Urtheil ansprechen dürfen, als
ihr namentlich von zelotischen Reformirten gefällt wird,
die darin nur eine Wirkung auf die sumliche Natur ge-
wahren und die vandalischen Bilderstürmer im sech-
zehnten Jahrhundert in den Himmel erheben und da-
durch chren, dass sie ihre Gotleshäuser von jeglichem
Bilderschmucke kahl halten. Ganz besonders lieblich