Full text: Die Fränkische Schweiz in Stahlstichen.

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Flechten das schönsie Anllitz einrahmten. Vor dieser 
Wirklichkeit von Anmuth, Fülle und doch zarter Aus- 
prägung weiblicher Formvorzüge schwanden allc Ideale 
des Künstlers, er war zerstörl, geblendet und so enisiel 
der Hand das schwache Glas, die auch wohbl ein star- 
kes Schwert zu flhren versltand, waren anders Piusel 
und Paletie bei Seile gelegt. „Hof dem Jungen einen 
Humpen, Bertha, der geht doch wenigstens nicht in 
Stücke, wenn das Geläsel da unten wieder Wein trin- 
ken scll.“ Bertha gehorchte gern, halle doch ihr Auge 
den Jüngling, wie er Fleisch und Blut vor ihr stand, 
liel hinein getragen in der Seele Spiegel und warm 
darin gemacht. Solche Momente werden leicht zu Ver- 
räthern ihrer selbst und der alle Ritlter hatle es auch 
schnell weg. Dos hätte nun eben nichts auf sich ge- 
habt, aber Erwin, der Slammvetter, nahm die Sache 
unders. „Dir will ich das Gastsein vertreiben,“ dachte 
er und ersählte, den Fremden messend, wie es seit 
Kurzem wieder im grauen Gemache rumore. „Wollt. 
lihr mir die Göte der Gastlichkeil einige Tage schen- 
ken,“ bat der Maler, „So bettel mich in jenes Gemach, 
ich habe da ein Püar Dinger, die mit Rumor Rumor 
vertreiben. Dabei holie er ein Paar Pistolen feinen 
Kolibers hervor, die er mit vor Freude fumkelnden 
Blicken zeigte. „Diese tödlen nur, was irdisch ist.“ 
entgegneite Erwin zweifelnd die Achseln zuckend. „Legt's 
zu den Mährchen, was lhr für überirdisch haltet.“ 
spollete der Maler, „dergleichen Faken liest man Wei- 
bern und Kindern in langen Winterabenden vor zur 
Kurzweil weit vom Ensie.“ 
Es war Abend und Nachl geworden und der Gast 
schlief ungeslört die ganze erste Nacht im grauen Ce- 
  
mache. Auch in der zweiten und dritten Nacht rührte 
und regie es sich nichl. In der vierten Nacht jedoch 
um die zwöllle Stunde erhob sich der Maler auf seinem 
Lager, denn er hörte vrom Corridor her langsam ge- 
messene Trite. Wie von einem Windstoss sprangen 
die Thürflügel des Gemaches auf und, eine Leuchte 
tragend, trat eine Gestall, den Kopf mil einem lleim 
bedeckt, in einen langen dunklen Mantel gehülll, ein. 
In demselben Augenblick hatte der Maler seine Pistolen 
ergriffen, die Hähne waren gespannt, er zielle scharf 
und der Schuss versagle nicht, dumpf tönte der Knall 
in den fernen Räumen des Schlosses nach. Die Ge- 
Sstalt blieb ruhig und drohend stehen und auch der 
Zzweile Schuss brachle sie nicht aus ihrer aufrechten 
Stellung. Der Muth des Malers sank aber in sich zu- 
sammen, als die beiden Kugeln auf die Decke seines 
Lagers flelen und die Gestalt dus Gemach langsam, wi# 
sie gekommen. wieder verliess. In unseren Tagen hütte 
man sich die Soche auf die natürlichste Weise erklärt. 
ein fester Harnisch unter dem Manicl, ein dreister 
Mensch unier dem Harnisch, in diesem Menschen eine 
unersüllliche Liebesgluth zu Berha, damit war das 
Räthsel gelöst. Bei dem Maler ging das aber nicht so 
leicht, nie war die Ladung seiner Pistolen auf die na- 
lürlichste Weise von der Welt so wirkungslos gem acht 
worden. Er verliess daher mil Tagesanbruch das Schloss 
und seine Bewohner mit gerührtem Herzen und er- 
schüttertem Wesen und Erwin's Seele ward leichter 
beim Abschied, weil er sich einen eingebildeten Neben- 
buhler von der Seile geschafft, wie er es schon öfler 
gelhan. Als Beriha darauf seine brave fleissige Haus- 
frau wurde, blieb es im grauen Gemache zu Wolfsberg 
  
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