Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

812 Verfassung des Königlichen Hauses. 93 
  
die Regierung erklärte, deshalb, weil die Bestimmungen von Staatsgesetzen, vor allem des 
0. Gesetzes vom 28. Januar 1835 dadurch aufgehoben werden sollten.“) Wiederum aber 
sollten die Stände über das Ganze ihre Meinung zu äußern berufen sein. Es wurde dann 
ebenso verfahren wie beim Hausgesetze selbst und die Veröffentlichung erfolgte wieder im 
Gesetz- und Verordnungsblatt mit der Formel: „soweit nötig“. 
Wie oben, § 10, III. Nr. 1, bemerkt, wurden die Bestimmungen des § 21 der Verf.= 
Urk. „betreffend das Privatvermögen des Königs“, durch Gesetz vom 13. April 1888 ab- 
geändert; dem mußte eine Anderung des Hausgesetzes entsprechen, das diese Bestim- 
mungen aufsgenommen hatte. Und wiederum wurde auch diese Anderung den Ständen vor- 
gelegt. Sie hatten den Wunsch ausgesprochen, weil der §3 58 des Hausgesetzes — der den 
König von den Vorschriften des bürgerlichen Rechts bei seinen Verfügungen befreit — 
dadurch einen größeren Wirkungskreis erhalte.') Auch dieser Nachtrag bedient sich der 
Formel „soweit nötig“. 
Zum letztenmal begegnen wir ihr in dem Gesetz vom 6. Juli 1900, die Ergänzung und 
Anderung des Königlichen Hausgesetzes betreffend. Hierdurch soll das Sonderprivatrecht 
des königlichen Hauses den Bestimmungen des B. G. B. angepaßt werden. Es ist auch 
hier nicht abzusehen, weshalb das Hausgesetz nicht, gemäß E.G. zu B. G. B. Art. 57, 
solches auch allein hätte machen können. Im Landtag berief man sich aber bei dieser 
Gelegenheit schon auf einen guten Brauch, daß man die Sache in dieser Weise be- 
handle.) 
Das ganze Verfahren kennzeichnet sich durch das redliche Streben, Konflikte zu ver- 
meiden. Man hat die Gesetze beraten und verkündet mit allem Vorbehalt und den wich- 
tigsten Rechtspunkt dahingestellt gelassen. Der Deputationsbericht der zweiten Kammer 
zum Nachtrag vom 20. August 1879 meinte freilich: „es sei eine müßige Frage, zu unter- 
suchen, welche Bestimmungen der ständischen Genehmigung bedürfen“. Gleichwohl wird 
man auf diese Frage zurückkommen müssen, wenn man sich schlüssig machen will über einen 
sehr wichtigen Punkt. Es handelt sich darum, ob das ganze Hausgesetz und ebenso auch 
die beiden nachträglichen Anderungen durch dieses Verfahren die rechtliche Natur von 
Staatsgesetzen bekommen haben. Die Folge würde sein, daß hier die Unverbrüch- 
lichkeit des Gesetzes gegeben wäre, die sogenannte formelle Gesetzes- 
6) Der Nachtrag erklärt in §& 13 ausdrücklich eine Anzahl von Paragraphen des Staatsgesetzes 
von 1835 für aufgehoben. Die aufsgehobenen Bestimmungen sind mit unwesentlichen Ande- 
wungen in den Nachtrag übernommen. Vgl. z. B. § 4 und § 7 des Staatsgesetzes mit 52, 55 
und §#6 des Nachtrags. Da E.G. z. Z. P.O. 5 5 solche Ordnungen ebensogut dem Hausgesetz 
gestattete wie dem Staatsgesetz, so war hier die Mitwirkung der Stände nur nötig gewesen 
zur beseitigung jener alten Bestimmungen; die neuen können aufjder Kraft des Hausgesetzes 
ein ruhen. 
)0 Dieser Grund trifft sicher nicht zu: der größere Wirkungskreis würde jener Bestimmun 
sa schon durch das verfassungändernde Gesetz von 1888 selbst gegeben sein. Und überdies fällt auch 
die Bestimmung der Formen, in welchen der König Rechtsgeschäfte vornehmen kann, in den na- 
türlichen Machtbereich des Hausgesetzes. Bei den Verhandlungen war allerdings auch schon 
behauptet worden: die Stände hätten nun einmal seinerzeit „über die einzelnen Paragraphen 
des Gesetzes ausdrücklich abgestimmt"; folglich greife Verf.-Urk. 3 86 Platz, betreffend die Un- 
zulässigkeit der Anderung eines Gesetzes ohne Zustimmung der Stände (Landt.-Akten 1887/88, 
Ber. d. II. Kammer 1 Nr. 111 S. 3). 
8) Mitt. der 1. Kammer 1899/1900, S. 258 (Berichterstatter): „wir werden im Interesse 
unserer Geschäftsführung und auch im Interesse des Landes sehr gut daran tun, auch für die Zu- 
kunft Dhiesem Brauche treu zu bleiben und auch in künftigen ähnlichen Fällen dieselbe Fassung 
zu gebrauchen“. 
 
	        
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