8 12. Verfassung des Königlichen Hauses. 95
II. Zum Königlichen Haus Sachsen Albertinischer Linie gehört die Gesamtheit
derrechtmäßigen Nachkommenschaft Herzog Albrechts des Be-
herzten (ogl. oben 99, I.
Für das Haus im Sinne der Hausgewaltgemeinschaft verschieben sich aber die
Grenzen der Zugehörigkeit in doppelter Weise. Einerseits fallen weg die Abkömmlinge,
welche rechtlich von der Hausgewalt gelöst sind. Andererseits treten hinzu Frauen fremden
Stammes, welche durch ihre Verehelichung dieser Hausgewalt unterworfen wurden.
— Abstammung von dem Ahnherrn durch rechtmäßige und namentlich auch ebenbürtige
Ehe im Sinne der Thronfolgeordnung begründet die Zugehörigkeit zum Hause ohne Unter-
schied für Männer wie für Frauen. Aber für diese letzteren, die königlichen Prinzes-
sinnen, endigt diese Zugehörigkeit, im Sinne der Hausgewaltgemeinschaft, mit der
ebenbürtigen Verehelichung mit einem Manne aus einem anderen Hause. Sie treten
damit unter die fremde Hausgewalt, der die angestammte weicht. 12) Nichtebenbürtige
Verehelichung ist in dieser Beziehung wirkungslos. Im einen wie im anderen Falle ge-
hören die Nachkommen der Prinzessin nicht zur albertinischen Hausgewaltgemeinschaft.
Im ersteren Falle können sie zur außerordentlichen Thronfolge berufen werden, im letzteren
auch das nicht; sie gehören überhaupt nicht zum Hause. Über die Prinzessinnen-Töchter
hinaus wirkt die Hausgewalt nicht.
Für die königlichen Prinzen ist ein Endigungsgrund gesetzlich nicht vorgesehen.
Nach allgemein gültigen Grundsätzen wird anzunehmen sein, daß die Hausgewalt auf-
hört zu wirken gegenüber einem Prinzen, der Souverän eines fremden Staates wird;
ebenso auch gegenüber dem Gemahl einer fremden Souveränin. Es genühgt, sich den In-
halt der Hausgewalt zu vergegenwärtigen, um in beiden Fällen die Unvereinbarkeit ihres
Fortbestandes mit der neuen Rechtsstellung zu erkennen.
Einfachen Austritt („Entsippung“) gibt es nicht. Es gibt bloß die Möglichkeit, sich der
Hausgewalt tatsächlich zu entziehen durch Aufenthalt in einem anderen Staate, der nach
seinen Grundsätzen über internationales Recht sie nicht anerkennt.15)
Alle diese Fälle des Ausscheidens bedeuten immer nur ein Zurückweichen der an-
gestammten Hausgewalt gegenüber einer stärkeren neuen. Wenn diese neue wegfällt,
lebt die alte wieder auf. Das tritt nicht ein, wenn die wegverheiratete Prinzessin Witwe
wird; auch als solche verbleibt sie in dem fremden Hause. Wohl aber wird Ehescheidung
oder Nichtigerklärung der Ehe diese Wirkung haben. Ebenso kehrt der Prinz wieder in die
Hausgewalt zurück, wenn er den fremden Thron verliert. —
— Der Zutritt zur Hausgewaltgemeinschaft geschieht in entsprechender Weise durch
Verehelichung einer Frau aus fremdem Hause mit einem Mitgliede des königlichen Hauses,
mit dem König selbst oder einem königlichen Prinzen. Deshalb sind die Königin und die
herrn und dessen Familie berühren, „den Wünschen und Auffassungen der Nächstbeteiligten eine
gewisse vorzugsweise Berücksichtigung einzuräumen ist. In dieser Beziehung hatte es auch einen
gewissen Wert, daß in der Verordnung v. 9. Februar 1838 (Publikation des Hausgesetzes) aus-
drücklich auf die „agnatische Zustimmung“ Bezug genommen worden ist“. Hier wird der agna-
tischen Zustimmung, die nirgends vorgeschrieben und in allen späteren Hausgesetzen nicht mehr
erwähnt ist, ihre rechtliche Bedeutungslosigkeit deutlich genug bescheinigt.
12) Hausges. §ld: „insofern die Prinzessinnen nicht in andere Häuser sich vermählt haben“.
13) Über die Frage des Austritts: Rehm, Mod. Fürstenrecht, S. 274 ff.; Stoerk, Aus-
tritt aus dem landesherrl. Hause, S. 33 f. Daß auf einzelne Vorteile und Rechte verzichtet, daß
auch durch das Familienhaupt im Wege der Disziplinargewalt eine Aberkennung von solchen
ausgesprochen werden kann, ist eine Sache für sich.