Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

96 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 8 12. 
  
Prinzessinnen-Gemahlinnen dem königlichen Hause zuzuzählen. Auflösung der Ehe durch 
den Tod des Gatten endigt diese Zugehörigkeit nicht. Deshalb zählen auch die Königin- 
Witwe und die Prinzessinnen-Witwen dazu. 
Dagegen erlischt die Zugehörigkeit der Gemahlinnen durch Ehescheidung oder Nichtig- 
erklärung der Ehe, die der Witwen durch Wiederverheiratung, auch unebenbürtige. 14) 
Handelt es sich um eine ursprünglich sächsische Prinzessin oder geschieht die Verehelichung 
mit einem Mitglied des sächsischen Hauses, so wird alsdann dieser selbständige Grund der 
Zugehörigkeit zur Geltung kommen. 
III. Die Hausgewaltgemeinschaft ist eine ungleiche, insofern darin der König 
als der Gewalthaber allen übrigen Mitgliedern als den Gewaltunterworfenen gegenüber- 
steht. Ihr Sonderrecht setzt sich zusammen aus den einzelnen Wirkungen 
dieses Abhängigkeitsverhältnisses und aus Rechtsbevorzu- 
gungen in ihrer bürgerlichen Stellung, welche ihnen wegen des nahen Verhältnisses 
zum Herrscher zuerkannt sind. 
1. An die Spitze stellt das Hausgesetz die Regel (§ 4): „Alle Glieder des königlichen 
Hauses sind der Hoheit und in den unten bezeichneten Fällen der Gerichtsbarkeit des Königs 
untergeben. Derselbe übt als Familienhaupt eine besondere Aufsicht mit bestimmten 
Rechten über sie aus, und es steht ihm als solchem überhaupt zu, alle zu Erhaltung der 
Ruhe, Ehre, Ordnung und Wohlfahrt des königliches Hauses dienlichen Maßregeln zu 
ergreifen, soweit das Hausgesetz und die Verfassung nicht entgegenstehen.“15) 
Man hat in dieser letzteren Bestimmung eine allzu schrankenlose Gewalt gefunden und 
eine Abhilfe zu geben versucht, indem man außer der Verfassung auch noch die „gewöhn- 
lichen Staatsgesetze“ für stillschweigend gemeinte Regelungen der königlichen Befugnis 
erklärte. Damit würde diese Befugnis ziemlich inhaltsleer werden. Es soll aber gerade 
eine Gewalt hier anerkannt sein, die über das Maß des im gesetzlichen Familienrecht sonst 
wohl Geordneten hinausgeht. Die angerufene Verfassung bedeutet insbesondere auch 
die grundsätzliche Anwendbarkeit ihres Abschnitts III: Von den allgemeinen Rechten und 
Pflichten der Untertanen. Danach sind ja insbesondere Eingriffe in die persönliche Frei- 
heit und das Eigentum nur zulässig, soweit das „Gesetz und Recht vorschreiben“ (5 27 
Verf.-Urk.). Das Hausgesetz will den König auch dazu ermächtigen, indem es die Glieder 
des königlichen Hauses „in den unten bezeichneten Fällen der Gerichtsbarkeit des Königs 
untergeben"“ erklärt. Diese unten bezeichneten Fälle bedeuten nach Hausgesetz § 76 Ziff. 2 
und Nachtrag § 11 Abs. 1: „Straf= und Disziplinarsachen“. Strafsachen bedeuten die 
Anwendung des gemeinen Strafrechts. Daneben aber hat der König über die Mitglieder 
seines Hauses als solche, also abgesehen von irgendwelcher dienstlichen oder amtlichen 
Stellung, eine Disziplinargewalt.1#5) 
14) Hausges. § le: „solange letztere im Witwenstande verbleiben“. Wegen der Ehescheidung 
vgl. Rehm, Mod. Fürstenrecht, S. 270ff. 
15) Vorbild für diesen Text ist das Württembergische Hausgesetz v. 8. Juni 1828, Art. 9 und 10. 
Dieses, entspricht seinerseits dem Bayrischen Familien-Statut v. 6. Januar 1821, Tit. I, § 2 und 
it. 83. 
16) Das entspricht auch allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wonach mit der Hausgewalt des 
Familienhauptes „eine gewisse Disziplinargewalt gegen alle Mitglieder verbunden ist, welche 
Vorschriften der Hausgesetze verletzen, sich Ungehorsam gegen Anordnungen des Familienhauptes 
zuschulden kommen lassen oder ein mit der Ehre des Hauses nicht vereinbares Verfahren beobachten“; 
H. Schulze, Deutsch. Staats-R. I S. 399.
	        
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