Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

812. Verfassung des Königlichen Hauses. 97 
  
Vermöge dieser Disziplinargewalt ist der König allerdings in der Lage, allen seinen 
„Maßregeln“ Nachdruck und Durchsetzung zu sichern. Die Disziplinarstrafmittel sind nicht 
bezeichnet. Im Begriff der Disziplin und in dem, was hier üblich und als zulässig an- 
erkannt ist, liegt aber doch eine gewisse Beschränkung. Vor allem aber ist die Handhabung 
dieser Disziplin durch Hausgesetz §J 77 und Nachtrag § 11 Abs. 2—3 mit schützenden Formen 
umgeben, ganz geradeso wie die Handhabung des eigentlichen Strafrechts (vgl. unten 
Nr. 3). — 
2. Das Hausgesetz hebt außerdem folgende Wirkungen des Abhängigkeitsverhältnisses 
der Mitglieder des königlichen Hauses besonders hervor: 
— Sie dürfen ohne Genehmigung des Königs sich nicht in einen fremden 
Staat begeben (56). Auch bei der Wahl ihres höheren Hofstaatspersonals 
haben sie diese Genehmigung einzuholen (5 7). 
— Eheschließung bedarf der vorhergehenden Erlaubnis des Königs (§ 8). Nach- 
trägliche Genehmigung steht dem nicht gleich. Bei Prinzen muß die Erlaubnis 
förmlich „durch eine besondere Urkunde“ festgestellt sein. Mangel der Erlaubnis macht die 
Ehe nichtig im Sinne des B. G. B. § 1324 Abs. 1 (Hausgesetz § 9 Abs. 1; vgl. oben 89, 
Note 15). Bei Prinzessinnen ist die Forderung weniger streng: Die Erlaubnis 
kann auch formlos erteilt werden und der Mangel der Erlaubnis beeinträchtigt die 
Giltigkeit der Ehe nicht; nur hat die Prinzessin alsdann keinen Anspruch auf Aussteuer 
(Hausges. § 9 Abs. 2; vgl. unten § 13, 1 Nr. 2). Eheverträge eines Mitgliedes des 
königlichen Hauses bedürfen, soweit sie nicht lediglich Verfügungen über das Privat- 
vermögen enthalten, der königlichen Bestätigung; ohne diese sind sie dann ungültig 
(Hausges. § 12). 
— Dazu kommt dann noch die dem König zustehende Gerichtsbarkeit in 
Strafsachen (Hausges. § 4) und sein Aufsichtsrecht über die Erziehung aller 
Prinzen und Prinzessinnen, sowie über die für sie geführten Vormundschaften 
(Hausges. § 5). Das verbindet sich aber mit ihrem jetzt zu betrachtenden Sonderrecht 
im engeren und eigentlichen Sinne. 
3. Die Mitglieder des königlichen Hauses unterstehen grundsätzlich dem gemeinen 
bürgerlichen und Strafrecht. 
Von dem durch Art. 57 E.G. zum B. G. B. gewährten Spielraum hat die hausgesetzliche 
Ordnung nur in vereinzelten Punkten Gebrauch gemacht. Hausges. § 13 verbietet die 
Annahme an Kindesstatt. Nach Erg.-Ges. vom 6. Juli 1900 sind die Eheverträge nicht an die 
bürgerlichrechtlichen Formen gebunden und bedürfen auch keiner Eintragung ins Güter- 
rechtsregister, um Dritten gegenüber wirksam zu sein (§3). Die elterliche Gewalt der Mutter 
erstreckt sich in vermögensrechtlicher Hinsicht nur auf das Privatvermögen der Kinder (§ 4 
und §7 Abs. 1). Die Großeltern sind nicht zur Vormundschaft berufen (( 5 und § 8 
Abs. 2). 
Dagegen bestehen, zum Teil gerade infolge der königlichen Hausgewalt, erhebliche Ab- 
weichungen bezüglich der Behörden und der Verfahrensformen, die zur 
Durchführung jener beiden Rechtsordnungen zu dienen bestimmt sind. 
— Was die freiwillige Gerichtsbarkeit betrifft, so ist ordentlicherweise ein 
Zivilsenat des Oberlandesgerichtes zuständig; über Beschwerden entscheidet dann das Justiz- 
ministerium, welches jedenfalls eine sehr ungewöhnliche Rolle dabei spielt (Erg.-Ges. 18). 
Stto Mayer, Sächsisches Staatsrecht. 7
	        
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