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er frei entscheidet. Nur in einer Hinsicht ist er gebunden: er kann die vom Oberlandes-
gericht vorgeschlagene Strafe nicht schärfen (Nachtrag § 11, Abs. 5).17)
4. Die Mitglieder des königlichen Hauses genießen außerdem mehrfache Rechts-
vorzüge um ihres Standes willen.
Dahin gehört der verstärkte strafrechtliche Schutz nach Stf.G.B. 8 96, 8 97
und § 100. Über Titulatur und Rang bestimmt Hausges. § 2 und § 3. Ebenbürtigkeit ist
selbstverständlich. Vor allem aber kommt hier in Betracht eine Reihe von Befreiungen
von öffentlichen Lasten.
Das Reichsrecht gewährt Freiheiten von der Heerdienstpflicht (Wehrgesetz vom 11. Fe-
bruar 1888, 5 1), von der Einquartierungslast (Ges. vom 25. Juni 1868, § 4), von der Vor-
spanmleistung (Naturalleistungsges. vom 13. Februar 1875, F 3), von der Gestellung von
Mobilmachungspferden (Kriegsleistungsges. vom 13. Juni 1873, § 25). Die Königin und
die Königin-Witwe sind frei von Porto= und Telegraphengebühren (Ges. vom 5. Juni 1869,
3 1, kais. Verord. vom 2. Juni 1877 § 1); ebenso von der Reichserbschaftsteuer (Ges. vom
3. Juni 1906 F 13).
Die reichsrechtliche zeugenpflicht ist durch Nachtrag § 6 besonders geregelt; die
Königin ist ganz davon befreit. »
Die Mitglieder des königlichen Hauses sind nicht verpflichtet Gemeindeange-
hörige zu werden oder das Bürgerrecht zu erwerben; Gemeindeleistungen
schulden sie nur für ihren Grundbesitz, nicht für ihre Person (Rev. Städte-Ord. § 14, & 16,
§i20 l 31; Rev. Land-Gem.-Ord. § 15 F 25).
Die Königin und die Königin-Witwe teilen die Befreiung des Königs von Einkommen-
und Stempelsteuern (vgl. oben § 10 Note 33).
§ 13. Gebührnisse und Sekundogenitur. Wie beim König selbst kann man auch
bei den Mitgliedern seines Hauses dreierlei Einnahmegquellen unterscheiden: Staats-
leistungen, Hausvermögen und Privatvermögen.
Von demletzteren ist hier nichts weiter zu sagen. Es umfaßt alles, was nicht verfassungs-
mäßige Staatsleistung oder Bezug aus Hausvermögen ist, und steht unter den Regeln des
allgemeinen bürgerlichen Rechts, soweit nicht das persönliche Sonderrecht (oben & 12, III
Nr. 3) in Frage kommt.
I. Nach Durchführung der Primogeniturordnung hat der Landesherr aus den Erträgnissen
des Familienguts für die übrigen Mitglieder des Hauses mit zu sorgen, indem er ihnen die
nötigen Einkünfte überweist. Mit der Verfassung gehen die Domänen und ihre Nutzungen
auf den Staat über, der dafür die Kronrente zu leisten hat. Nach manchen Verfassungen
bestreitet der Fürst aus dieser Kronrente den Bedarf für die Mitglieder seines Hauses;
nach anderen hat die Staatskasse neben der Kronrente und zu deren Entlastung noch be-
17) Das Gesetz bringt die dem König gezogene Grenze dadurch zum Ausdruck, daß es nach
Anerkennung des freien Ermessens des Königs gegenüber dem „Erkenntnis“ des Oberlandes-
gerichts hinzufügt: „wobei jedoch die Bestimmung am Schluß des § 52 der Verf.-Urk. in Anwen-
dung zu bringen ist“. Diese Bestimmung betrifft das Begnadigungsrecht des Königs, sieht also
den Fall einer Freisprechung, der er gegenüber stände, gar nicht vor. Es scheint, daß hier wieder
das Württemb. Hausges. v. 1828 gewirkt hat, das auch auf die Begnadigung verweist (Art. 67,
Abs. 2). Dort aber hat das Obertribunal wirklich zu erkennen und der König nur zu begnadigen.
Im Sächsischen Hausgesetze ist das ganz anders; die Verweisung auf die Begnadigung paßt nicht
recht. Es muß jedenfalls angenommen werden, daß der König auch nur zu bestätigen hat, wenn
eine Freisprechung vorgeschlagen ist, und auch dann nicht „verschärfen“, d. h. verurteilen kann.
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