l 19. Rechte und Pflichten der Kammermitglieder. 155
zu vertretenden Sonderinteresses nach.5) Das schließt nicht aus, daß die etwaigen Bevoll-
mächtigten, ebenso wie die Abgeordneten der Körperschaften, von ihren Auftraggebern
oder aus der Kasse ihrer Körperschaft eine entsprechende Entschädigung beziehen. Nur in
dem allgemeinen „Landtagsaufwand“ wird nichts dafür gerechnet.
Das Nähere über die Tagegelder bestimmte ursprünglich die Landt.-Ord. § 38
in der Weise, daß jedes entschädigungsberechtigte Mitglied von der erfolgten Anmeldung
bis zur Vertagung oder Schließung des Landtags pro Tag 12 M. erhalten sollte; die Zeit
eines Urlaubes oder einer „nicht durch Krankheit am Orte des Landtags oder Deputations-
arbeiten“ entschuldigten Abwesenheit wurde abgerechnet. Das Ges. vom 30. Juni 1902
(unter II.) setzte die Tagegelder für die am Landtagsorte wohnhaften Mitglieder auf 6 M.
herab. Das Gesetz vom 19. Februar 1909 hat aber jetzt die Entschädigungsweise nachgeahmt,
welche nach Reichsges. vom 21. Mai 1906 für die Reichstagsabgeordneten in Geltung steht.
Demnach erhalten die Mitglieder für jeden ordentlichen Landtag — also alle zwei Jahre —
eine Gesamtentschädigung von 3000 M., 2000 M. in fünf Monatsraten zahlbar, der Rest
mit 1000 M. am Tage der Schließung. Die am Tagungsorte wohnhaften Mitglieder erhalten
wieder nur die Hälfte (§ 1 Abs. 2). Für jeden Tag der Abwesenheit wird der Betrag von
15 M., bei Ortswohnhaften 7,50 M. in Abzug gebracht. Anwesenheitslisten dienen zur
Feststellung (§ 3). Während eines außerordentlichen Landtages werden umgekehrt die
gleichen Sätze als Anwesenheitsgelder vergütet (&5); ebenso erhalten sie die Direktorial= und
Zwischendeputations-Mitglieder, welche über den Schluß des Landtages hinaus durch die
Geschäfte festgehalten werden (860).
Wegen der Reisekosten sind die Bestimmungen der Landt.-Ord. § 38 Abs. 6
und 7 in Kraft geblieben. Die auswärtigen Mitglieder haben während der Dauer des
Landtages freie Eisenbahnfahrt zwischen ihrem Wohnorte und dem Landtagssitze; dazu
erhalten die, welche nicht an der Eisenbahn wohnen, eine einmalige Vergütung für jedes
neue Zusammentreten des Landtages (auch nach Vertagung) in der Weise, daß für Hin= und
Rückreise die Fuhrkosten mit zwei Mark für je fünf Kilometer vom Wohnort bis zur nächsten
Station berechnet werden.
Die beiden Präsidenten der Kammer beziehen während der Dauer des Landtages für
den ihnen entstandenen außerordentlichen Aufwand jeder die Pauschsumme von 900 M.
monatlich (Landt.-Ord. § 38 Abs. 9).
6) Bgl. oben 5 18 Note 5. Bei den Verhandlungen über die Verfassung verwahrte sich die
Universität Leipzig gegen die den erwähnten Mitgliedern der ersten Kammer „abgesprochenen
Auslösung“. Sie machte mit Recht geltend, daß fortan kein Mitglied des Landtages „individuelle
Interessen“ vertrete (Landt.-Akten 1831 Bd. 4 S. 1958). — Das alte Wort „Auslösung“ ist übri-
gens seit jenen Beratungen über die Verf.-Urk. verschwunden. Es bedeutete wohl ursprünglich
die Lösung des Landstandes von den Verbindlichkeiten der Herberge, in der er saß, und war ein
Aufwand aus ständischen Mitteln für diesen Zweck. In diesem Sinne Grimm, Deutsch. Wörterb. 1
S. 911.