178 Vierter Abschnitt: Zusammenwirken von Regierung und Volksvertretung. 5 22.
bringen: Einordnung in das schon bestehende Recht, Übergangsbestimmungen, Regelung
von Verfahrensformen und Zuständigkeiten sind ihre Hauptaufgaben.
An Reichsgesetze knünpft sich eine solche stillschweigende Ermächtigung zu Aus-
führungsverordnungen nicht, für die Landesregierung so wenig wie für die Reichs-
regierung.“)
Eine Eigentümlichkeit des Sächsischen Rechtes ist die Übertragbarkeit der königlichen
Verordnungsbefugnisse. In umfassender Weise hat eine solche übertragung statt-
gefunden durch die Verord. v. 7. November 1831, die Einrichtung der Ministerial-Departe-
ments betr. Sie ist eine Ausführungsverordnung zu §& 41 der Verf.-Urk. (die ja ihrerseits
wie ein Gesetz gilt) und bestimmt in §& 4 für die sämtlichen Ministerien: es habe „ein jedes.
2. die zur Ausführung und Handhabung der Gesetze erforderlichen Verwaltungsmaßregeln
zu treffen und nötigen Verordnungen zu erlassen“. Das bedeutet nicht eine Aufhebung
der verfassungsmäßigen Zuständigkeit des Königs selbst, sondern lediglich eine Vertretung
des Königs in ihrer Ausübung. Der König kann jederzeit eine solche Ausführungsver-
ordnung an sich ziehen und selbst erlassen. Da das tatsächlich nur in wichtigeren Fällen
geschieht, so geht die große Menge dieser Verordnungen in Sachsen von den Ministern aus.3)
2. Durch besondere Bestimmung eines Gesetzes kann ein Verordnungsrecht begründet
werden; darauf beruht dann die besonders ermächtigte Verordnung.
Das Gesetz wählt den Träger dieses Verordnungsrechtes ganz frei; der König kann es sein
oder irgendeine Behörde der Staats= oder Selbstverwaltung. Auch der Umfang des
Verordnungsrechtes ist nicht gebunden an die Durchführung eines gegebenen Gesetzes-
inhalts, sondern hängt ganz und gar von dem beliebten Maße der Vollmacht ab. ZJe nach-
dem kann so die Verordnung innerhalb des Rahmens gewisser Zwecke und Angelegen-
heiten schöpferisch bestimmen, was Rechtens sein soll, sogar frühere Gesetze, falls der Zweck
es erfordert, beseitigen dürfen; es kann aber auch sein, daß die ausgesprochene Ermächti-
gung geradezu nur auf eine Ausführungsverordnung zu dem ermächtigenden Gesetze
geht. Das ist etwas Überflüssiges, wenn der König selbst ermächtigt wird, da dieser das
Recht der Ausführungsverordnung schon ohnedies, kraft Verfassung, hat. Es könnte
also nur etwa eine Besonderheit hinzugefügt werden sollen, namentlich insofern ein an-
derer Träger dieses Verordnungsrechtes bestimmt würde, etwa das Ministerium. Der König
4) Laband, Staats-R. II S. 95. — Die „Verordnung" der Ministerien der Justiz und
des Innern „zur Ausführung des & 112 des G. V. G., v. 13 November 1899“ (Ges.= u. Verord.-Bl.
1899 S. 566) ist keine Ausführungsverordnung zu § 112 des G. V. G.; das Reichsgesetz hat zu
einer solchen nicht ermächtigt (vgl. unten Nr. 2) und von selbst versteht sie sich nicht. Es ist über-
haupt keine rechtssatzschaffende Verordnung, sondern eine Verwaltungsvorschrift über das bei
Ernennung von Handelsrichtern zu beobachtende Verfahren; vgl. unten Note 25.
5) Ein Blick in das Gesetz= u. Verord.-Bl. zeigt, wie selten eigene Verordnungen des Königs
sind; vgl. dazu noch unten Note 10 und 11I. — Es ist m. E. nicht richtig, wenn diese
Verordnungen der Minister auf einen jeweiligen „Auftrag“ des Königs gegründet werden, auf
welche nach Verord. v. 7. November 1831 &5 in der Verordnung selbst bezug genommen werden
müßte. Der Auftrag ist allgemein gegeben in § 4 der Verord.; der König verlangt nur in 35,
daß von den Ministern in allen Sachen, „welche zeither schon von den obersten Behörden nicht selb-
ständig resolviert werden konnten“" (Opitz, Staats-R. I S. 233f.), ihm zunächst Vortrag gehalten
werde „zu Unserer Höchsteigenen Entschließung“, und daß solches geschehen, soll dann in dem Erlaß
des Ministers bemerkt werden. Der Minister verordnet dann „mit Allerhöchster Genehmigung“.
Der König behält sich dabei ausdrücklich vor: „insofern Wir solche nicht selbst vollziehen“ — er kann
also die Verordnung immer noch selbst erlassen. Die erteilte Genehmigung ist aber kein Auf-
trag, sondern Erfüllung der Bedingung, unter welcher der in § 4 ein für allemal erteilte Auftrag
im gegebenen Fall zur Ausführung gebracht werden darf.