Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

g 24. Staatshaushaltsplan und Finanzgesetz. 195 
  
Deckungspflicht selbst festzustellen und zu dem Zwecke auch diese Einnahmen zu 
prüfen und auf ihren richtigen Betrag zu setzen.) 
Auf diese Weise bekommen die Stände einen maßgebenden Einfluß auf die Gestaltung 
des Staatshaushaltsplanes nach beiden Seiten hin. Man bezeichnet das als ihr Bud- 
getrechtoder Budgetbewilligungsrecht.-) 
Die Feststellung und Durchführung des Staatshaushaltsplanes geht nun in folgender 
Weise vor sich: 
1. Die Regierung hat den Ständen rechtzeitig den Entwurf des Staatshaushaltsplanes 
vorzulegen mit der Aufforderung, sich darüber zu erklären. Sie ist gezwungen das 
zu tun, weil die Stände nur auf Grund des festgestellten Staatshaushaltes dem zur Steuer- 
erhebung nötigen Finanzgesetze zustimmen werden. Vor allem aber, weil sie auch die vor- 
handenen Gelder nicht anders verwenden darf als zu von den Ständen bewilligten Aus- 
gaben und die alten Bewilligungen mit ihrer Finanzperiode erloschen sind.)) 
Jedes Ministerium stellt für seinen Dienstzweig den auf ihn treffenden Teil des Haus- 
haltsplanes auf; das Gesamtministerium entscheidet endgültig.) Sollen neue oder gegen 
das Bisherige erhöhte Ausgaben ohne gesetzliche Pflicht oder ständischen Antrag eingestellt 
werden, so ist der Finanzminister befugt, dies durch seinen Einspruch zu verhindern.) 
Das Königliche Dekret, mit welchem der Entwurf an die Stände geht, wird von allen 
5) Verf.-Urk. § 97. — Richtig Löbe, Staatshaushalt S. 5. Wenn Löbe hier von dem 
„Einnahmebewilligungsrecht“ der Stände spricht, so ist das eine sehr gebräuchliche Ausdrucks- 
weise. Es muß nur festgehalten werden — wie das übrigens auch ganz im Sinne Löbes ist — daß 
dieses Einnahmebewilligungsrecht keineswegs ein gleichwiegendes Seitenstück des Ausgabe- 
bewilligungsrechtes ist. Letzteres umfaßt alle Ausgaben des Staatshaushaltsplanes, jenes da- 
gegen nur einen ganz kleinen Teil der Einnahmeposten, die große Menge derselben ist „von einer 
vorgängigen Bewilligung der Stände richt abhängig (Löbe a. a. O.); sie wird bloß geprüft, 
geschätzt und zusammengerechnet. Wo aber eine Bewilligung von Einnahmeposten des Haushalts- 
planes wirklich stattfindet (Steuern), da ist die in gehöriger Weise erfolgte Bewilligung zugleich 
Bedingung für die rechtliche Wirksamkeit der Regierung nach außen; sie hat also dann eine ganz 
wesentlich andere, viel weitertragende Bedeutung, als die Ausgabenbewilligung. — Es gibt außer 
den Steuern noch andere Staatseinnahmen, welche rechtlich bedingt sind durch eine ständische 
Zustimmung (vgl. oben § 20 Note 13); das sind aber solche, die im Staatshaushaltsplan über- 
haupt nicht erscheinen: sie bilden keinen in Anschlag zu setzenden Einnahmeposten. Dahin gehören: 
— die Kaufgelder aus BVeräußerung von Staatsgut, soweit es grundsätzlich unver- 
dußerlich sein soll (loben § 11 Note 7); sie sind nach Verf.-Urk. & 18 Abs. 3 wieder anzulegen (Ges. 
vom 1. Juli 1904 5 1 Abs. 2 b.). 
— die Erlöse aus der Veräußerung anderer zum Staatsvermögen, aber nicht zum Staatsgut 
in diesem besonderen Sinne gehörigen Grundstücke und Rechtez: sie sind den „beweg- 
lichen Vermögensbeständen“ des Staates zuzuführen“ (Ges. vom 1. Juli 1904 5 1 Abs. 2c). 
— die Erträgnisse der Aufnahme von Staatsanleihen : diese werden gemacht zur 
„Verstärkung der Barbestände Unserer Staatskasse“ (Ges.= u. Verord.-Bl. 1900 S. 263, 1902 
S. 281): diese Bestände erscheinen nicht im Staatshaushaltplan; er ist keine Bilanz. Im Rechen- 
schaftsberichte, der den Ständen vorgelegt wird, ist Auskunft über sie erteilt (Ges. vom 1. Juli 1904 
*34; vgl. unten N. 5). Im Finanzgesetz wird auf sie verwiesen behufs Nachweises der Deckung 
für den außerordentlichen Etat (vgl. unten Note 30 den Text des Finanzgesetzes § 4). 
6) Fricker, Staats-R. S. 227: „Das Recht der Stände ist in Wahrheit Budgetbewilligungs- 
recht; tatsächlich beraten und beschließen sie über das ganze Budget in seiner Totalität.“ — Wenn 
man es genau nehmen will, ist der Ausdruck „Budgetbewilligung" falsch; denn es wird wohl über 
das ganze Budget beschlossen, aber dem Inhalte nach sind die Beschlüsse fast für die ganze eine 
Seite des Budgets, für die Einnahmeseite, keine Bewilligungen. 
7) Ges. vom 1. Juli 1904 § 5: „Die bewilligten Summen dürfen nur zu der durch den Etat 
vorausgesetzten Zeit . verwendet werden.“ 
8) Verordnung vom 7. Nov. 1831, 4 G 4. 
9) Eine zweckmäßige Neuerung des Ges. vom 1. Juli 1904 & 4. Der Einspruch des Finanz- 
ministers soll nur mit Kachichten der Finanzlage begründet werden. Der König steht selbstver- 
ständlich darüber und kann auch diesen Einspruch beseitigen. 
13“
	        
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