Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

g 24. Staatshaushaltsplan und Finanzgesetz. 201 
  
Die Steuerbewilligung freilich gibt der Regierung die Macht, die bewilligte Summe 
nunmehr obrigkeitlicherweise von den Untertanen zu erheben; allein diese Macht knüpft 
sich nicht schon an die Einstellung des großen Postens in den verabschiedeten Haushalts- 
plan, sondern die Bewilligung wird hier erst fertig und wirksam durch das an den Plan 
in äußerlicher Trennung und in rechtlicher Eigenart sich anschließende Finanzgesetz. 
Die anderen festgestellten Einnahmen, die „gegebenen“, bleiben bei dieser ganzen Ge- 
legenheit rechtlich überhaupt vollständig unberührt: weder bekommt die Regierung durch 
ihre Einstellung, und was sonst noch mit dem Plan geschieht, Rechte geltend zu machen, 
die ihr nicht ohnehin zuständen, noch wird sie dadurch zur tatsächlichen Erzielung der Ein- 
nahmeposten strenger verpflichtet, als ohnehin in ihrer Pflicht als guter Haushälterin über 
die staatlichen Mittel schon gelegen ist.##) 
Die Rechtswirkung des verabschiedeten Haushaltsplanes bezieht sich auf seine Aus 
gabeposten. 
Jede Einstellung solcher Posten bedeutet zunächst einen Rechtsvorteil für die Re- 
gierung: sie soll nach der verfassungsrechtlichen Ordnung keine unbewilligten Ausgaben 
machen; die Einstellung setzt sie also in die Lage, für diesen Gegenstand diese Summe 
ordnungsgemäß zu verwenden. Zugleich enthält die Einstellung eine Anerkennung 
von seiten der Stände, daß die Ausgabe für diesen Gegenstand und in dieser Höhe sachlich 
angemes ssen sei, d. h. dem Staatswohl entspreche, deckt also auch in dieser Hinsicht, 
wenigstens soweit die Stände in der Lage waren, die Sache zu würdigen, die Verant- 
wortlichkeit der Regierung.22) 
IV S. 130, VI. S. 193, VII S. 335, VIII S. 291, X S. 120), so ist der festgestellte Staatshaushalts- 
plan das nicht. Er bindet verfassungsrechtlich zwischen Regierung und Volksvertretung. Aber er 
bindet nicht obrigkeitlich die Untertanen. Er bindet auch die Beamten nicht, wie man schon gemeint 
hat. Für diese wird sein Inhalt erst bindend gemacht im Verwaltungswege, durch entsprechende 
Dienstanweisungen, die an sie ergehen; Löbe, Staatshaushalt S. 52. 
21) Löbe, Staatshaushalt S. 5: „daß diejenigen Einnahmen, die sich aus anderen Quellen 
als direkten oder indirekten Landesabgaben ableiten, von einer vorgängigen Bewilligung der Stände 
.. nicht abhängig sind“. 
22) Laband, Staats-R. IV S. 491: „Ihre (der Ausgabe) Bewilligung hat nicht den 
Charakter einer Zahlungsermächtigung für die Regierung, sondern eines Anerkenntnisses der 
Notwendigkeit oder Angemessenheit der Ausgabe.“ Ich habe es im Deutsch. Verw.-R. 1 S. 385 
bezeichnet als „ein Zeugnis über die Angemessenheit der zu leistenden Ausgaben.“ So weit stimmen 
wir also überein. Laband, IV S. 507, fügt hinzu: „Es ist nicht zu bestreiten, daß die Verwaltung 
der Einnahmen und Ausgaben ohne Etatsgesetz der Reichsverfassung, d. h. dem in derselben als 
regelmäßig vorausgesetzten und angeordneten Zustande widerspricht“ (so schon in der 1. Aufl. III 
S. 367). Also ist die Sache rechtlich doch nicht in Ordnung. Ich habe den „angeordneten Zustand“ 
etwas genauer bezeichnen wollen — daß dies wünschenswert wäre, wird nicht zu verkennen sein — 
und habe gesagt, daß eines solchen Zeugnisses über die Angemessenheit der zu leistenden Ausgaben 
„die Regierung nach verfassungsrechtlicher Ordnung zu deren Rechtfertigung gegenüber der Volks- 
vertretung bedarf.“ Darauf bemerkt Laband IV S. 539: „Danach entpuppt sich das „Zeug- 
nis als verfassungsmäßig notwendige Ermächtigung, Ausgaben zu leisten,“ und erklärt demgemäß 
meine Auffassung für „nicht wesentlich verschieden“ von der eben erst sehr streng verurteilten Lehre, 
awelche in dem Etatsgesetz die verfassungsmäßig erforderliche und notwendige Ermächtigung 
der Regierung zur Führung der Staatsgeschäfte sieht“ (a. a. O. S. 538, 536). Ich denke aber nicht 
daran. Die Regierung führt die Staatsgeschäfte kraft eigenen Rechtes. Das hindert nicht, daß 
sie der Volksvertretung gegenüber gebunden sei, ein gewisses Verfahren zu beobachten. Tut sie 
das nicht, so hat sie nichtsdestoweniger die Geschäfte des Staates rechtswirksam geführt; sie hat 
nur ihre Pflicht gegenüber der Volksvertretung verletzt. Das ist ja eine ganz geläufige Rechts- 
gestaltung. Wenn z. B. der Beamte verbotswidrig Handelsgeschäfte betreibt, so sind das nach 
H.G.B. §# 7 gleichwohl Handelsgeschäfte. Wie er gegenüber seinem Dienstherrn besteht, dessen 
Recht er verletzt hat, ist eine andere Sache. Die Volksvertretung ist keineswegs der Dienstherr 
der Regierung — ich bin vorsichtig genug, mich zu verwahren — aber der Vergleich sollte doch ge- 
eignet sein, die Sachlage zu veranschaulichen.
	        
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