g 26. Rechtsverfahren zur Gewähr der Verfassung. 221
4.
Da es sich um ein Stück der Dienstgewalt handelt, die eigentlich dem König zusteht,
ein Stück, welches das Verfassungsrecht zu bestimmtem Zwecke aus seinem Zusammen-
hang genommen hat, um es ohne und gegen den Willen des Königs handhaben zu lassen,
so müssen auch besondere Vorkehrungen getroffen werden, um gerade gegenüber dem
Könige seine Durchführung zu sichern.
Dahin gehört der Ausschluß des königlichen Begnadigungsrechtes (Verf.=
Urk. § 150). Gegenüber dem Verweis, den der Ausspruch der Mißbilligung durch den
Staatsgerichtshof darstellt, ist diese Vorkehrung nicht nötig; sie trifft bloß den Fall der-
Entfernung aus dem Amt. Hier könnte der König durch Begnadigung die Rechtswirkung
des Ausspruches des Staatsgerichtshofes durchkreuzen, so daß der Minister gleichwohl
im Amte bliebe. Das „wird“ er nicht tun, sagt die Verfassung. Es wäre verfassungs-
widrig, wenn er es dennoch täte.2)
Die Verf.-Urk. 5 150 spricht aber weiter davon, daß der König auch nicht das ihm zu-
stehende Begnadigungsrecht dahin ausdehnen wird, daß der zur Entfernung aus dem
Amte Verurteilte „in einem anderen Justiz= oder Staatsverwaltungs-Amte angestellt
werde, dafern nicht in Rücksicht der Wiederanstellung das Erkenntnis einen ausdrücklichen
Vorbehalt zugunsten des Verurteilten enthält“. Es ist klar, daß bei einem Ausspruch,
der bloß Entfernung aus dem Amte bedeutet, eine Begnadigung gar nicht nötig wäre,
um wieder anzustellen. Daraus geht hervor, daß die Entfernung vom Amt, die der Staats-
gerichtshof ausspricht, zugleich die Strafe der Amtsunfähigkeit enthalten soll. Das ist
aber auch unentbehrlich und selbstverständlich. Denn zwar wenn der König selbst seine Dienst-
gewalt gebraucht, um den Minister zu entfernen, der die Verfassung bricht, wird er ihn nicht
leicht wieder im Staatsdienst verwenden, es sei denn, daß solches aus besonderen Rücksichten
gleichwohl tunlich scheint. Wenn aber die Stände die Entfernung durchsetzen, ohne oder
gegen den Willen des Königs, dann steht die Sache ganz anders. Der König wird hier im
Gegenteil sehr geneigt sein, den Mann seines Vertrauens wieder anzustellen, zu irgend-
einer wichtigen Stellung, vielleicht sogar zu der eines Ministers. Also muß, um den Stän-
den das ihnen gewährte Machtmittel zu sichern, auch eine Amtsunfähigkeit an die Ent-
fernung vom Amte sich knüpfen, und von dieser kann der König nicht durch Begnadigung
befreien. Das ist hier gemeint.
Dem Staatsgerichtshof bleibt es vorbehalten, die Zulässigkeit einer Wiederanstellung
in mehr oder weniger ausgedehntem Maße offen zu halten.
In Zusammenhang damit ist auch die Bestimmung Verf.-Urk. § 151 zu verstehen:
„die Resignation des Angeklagten hat auf das gegen ihn eingeleitete Verfahren
und den Urteilsspruch keinen Einfluß". Die Entfernung vom Amte ist das äußerste Mittel
der Dienststrafgewalt. Daher hört naturgemäß jedes Disziplinarverfahren auf, wenn der
Schuldige auf das Amt und alle seine Vorteile glatt verzichtet (vgl. unten 3 28 Note 30).
Es ist im allgemeinen nicht zu fürchten, daß der Dienstherr einen solchen leicht wieder
anstellt. Hier aber steht es anders; möglicherweise begehrt der Dienstherr nicht mehr,
stimmung gilt nicht mehr, wohl nicht, wie Opitz, Staats-R. II S. 247, meint, deshalb, weil
sie „in das Strafgesetzbuch Aufnahme nicht gefunden hat“, sondern wegen Einf.-Ges. z. G. V. G.
5#11 Thudichum,,in Annalen des Deutsch. Reichs 1885 S. 643).
22) Die Verf.-Urk. § 150 läßt, in Übereinstimmung mit der Württemb. Verf.-Urk., 5 205,
den König auch noch versprechen, „die Untersuchung niemals zu hemmen“. Das kann er aber
von Rechtswegen ohnedies nicht.