Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

226 Fünfter Abschnitt: Die Staatsbehörden. 8 27. 
  
teilung des Hofrates, wesentlich für Domänenverwaltung, 1589 als Kammer-Kolle- 
gium selbständig gemacht, 1782 unter Einbeziehung noch einiger inzwischen entstandener 
Sonderbehörden neugeordnet. Die Zuständigkeit des Geheimen Finanzkollegiums ent- 
sprach der des jetzigen Finanzministeriums. Nur steht damals für die so wichtige Ver- 
waltüng der von den Ständen zu bewilligenden Steuern das Obersteuerkolle- 
gium selbständig daneben; es ist wesentlich eine Behörde der Stände.5) 
— die Oberrechnungsdeputation, zur Prüfung der Rechnungen sämt- 
licher Königlicher Kassen, bildet seit 1707 ein eigenes Kollegium; heißt Deputation, weil 
sie aus Räten der anderen obersten Kollegien zusammengesetzt wird.“) 
— das Oberkonsistorium zu Dresden, seit 1570, damit verbunden der 
Kirchenrat, für die oberste Verwaltung der Angelegenheiten der lutherischen Landes- 
kirche, dazu für Schulwesen, Wohltätigkeitsstiftungen und Bücherzensur.) 
— das Geheime Kriegsratskollegium, seit 1814 ersetzt durch die Kriegsver-= 
waltungskammer, für Militärverwaltung. 
— das Appellationsgericht, für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, seit 1559, 
aber bis fast zuletzt nur zuständig auf Überweisung der Sache durch die Landesregierung, 
an welche die Appellation zunächst zu richten ist; erst seit 1822 unmittelbar anzugehen. 3) 
— die Landes-Okonomie-Manufaktur= und Kommerzien- 
Deputation, zur Beratung von Maßregeln zur Förderung der Volkswirtschaft; ist 
das einzige Sonder-Kollegium, das ein Stück innerer Verwaltung zum Gegenstande hat.) 
Stellten sich durch solche Abzweigungen einzelner Arten von Geschäften besondere 
Oberbehörden neben die ursprünglich als einzige gedachte Landesregierung, so bauen 
sich andererseits auch neue Behörden über ihr auf, um zwischen sie und den Landes- 
herrn zu treten. « 
Schon vor Errichtung des Hofrates (Landesregierung) hatte der Landesherr neben den 
ständigen Hofbeamten sich noch besondere Räte gehalten, die ihm bei gegebenem Anlaß 
5) Vgl. oben 8 24 Note 1; Weiße, Staats-R. II S. 339 ff. 
6) Löbe, Die oberste Finanzkontrolle des Kgr. Sachsen in ihrer organischen Entwicklung 
von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart (bei Schanz, Finanzarchiv II S. 589 ff.). 
7) Carpzov, definitiones ecelesiasticae I, 12; Weiße, Staats-R. II S. 426, 428: 
v. Römer, Staats-R. u. Statistik II S. 124. — Die Verbindung der Zensur mit der Kirchen- 
leitung darf nicht Wunder nehmen; Christentum und Polizei hingen früher viel inniger zusammen 
als jetzt. Wenn man einerseits auf den Landtagen Postordnungen, Zuchthäuser, Bierschankrechte 
unter dem Titel „Christliche Polizei“ behandelte (Schreber, Ausführliche Nachrichten von 
den Churfürstl. Sächs. Land= und Ausschußtägen 1793 S. 47 ff.), so meinte man anderseits: „Der 
Religionsunterricht des Volkes ist eine der wichtigsten auf die Sicherheit des Staats Bezug habenden 
Polizeianstalten“ (v. Römer, Staats-R. u. Statistik II S. 463). 
8) v. Römer, Staats-R. u. Statistik II S. 117; Weiße, Staats-R. II S. 37. — Dem 
Rechte nach steht im alten Polizeistaat alle obrigkeitliche Tätigkeit, auch die Justiz, zur Verfügung 
des Landesherrn. Wenn der Landesherr in die Entscheidung eines Rechtsstreites eingreift, so 
nennt man es einen „Machtspruch" (Otto Mayer, Deutsch. Verw.-R. 1 S. 41). Das galt 
auch in Sachsen, wurde aber hier mild und schonend gehandhabt; v. Römer a. a. O. II S. 445 
bezeunt, daß „Sachsen so glücklich ist, daß man fast nie etwas von einem dergleichen Machtspruch 
jört.“ 
9) v. Römer, Staats-R. u. Statistik II S. 93 u. 94, zählt noch einige weitere „Landes- 
kollegien“ auf: die Konsistorien zu Wittenberg und zu Leipzig, die Kammer-Kreditkassen-Kommission, 
die Kassenbillets-Kommission, das Sanitätskollegium, das Oberhofgericht zu Leipzig, das Ober- 
hofgericht zu Wittenberg. Die Oberhofgerichte bildeten unabhängig vom Appellationsgericht 
die erste Instanz in bürgerlichen Rechtsstreiten für Schriftsassen und andere Privilegierte: zweite 
Instanz war die Landesregierung. Diese Einrichtungen sind aber zum Teil schon vor Anfang der 
neuen Zeit weggefallen gewesen; eigentliche oberste Behörden waren sie ohnehin nicht und für 
die weitere Entwicklung jedenfalls ohne Bedeutung.
	        
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