Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

8 28. Das Staatsdienerrecht. 235 
  
  
und wirkt, ist allein die behördliche Verfügung, das Dekret, das die Anstellung ent- 
hält. 10) 
Die Anstellung geschieht zum Zwecke der Verwendung der Dienste des Angestellten 
in einem bestimmten Amte, das ihm übertragen wird. Diese Seite des Vorgangs bezeichnet 
das Gesetz als die Verleihung einer Staatsdienststelle. Beides, An- 
stellung im Staatsdienst und Verleihung einer Staatsdienststelle, wird sich regelmäßig 
miteinander verbinden, so daß der eine Ausdruck immer das andere mit bezeichnen will. 
Beides wird aber auch zusammengefaßt in dem häufig gebrauchten Ausdruck: Ernen- 
nung zu einem bestimmten Amt.ul) 
Durch Verordnungen und Verwaltungsvorschriften ist für jede Art von Amtern die 
persönliche Geeignetheit und Befähigung genauer bezeichnet, die 
dazu gehört. Die Ernennung oder Anstellung zu solchen Amtern darf nur geschehen, wo 
diese Forderungen sich als erfüllt erweisen. So werden die Eigenschaften, deren das 
Amt bedarf, zu Anstellungsbedingungen.12) 
Für jedes Amt ist in der bestehenden Ordnung die Stelle bezeichnet, welche für seine 
Besetzung, d. h. für die Verleihung an einen geeigneten Staatsdiener zu sorgen hat. Diese 
Stelle kann eine obere Behörde sein oder der König selbst. Sie wird bezeichnet als die 
Anstellungsbehörde. Über die Verleihung des Amtes ist für den neuen Amts- 
träger eine Urkunde auszufertigen, das Bestallungsdekret. Ihrem Inhalte nach 
ist die Bestallung wesentlich ein Ausweis für den Beamten über das, was ihm zukommt; 
sie bezeichnet demnach die Stelle, die er zu verwalten hat, den „Dienstgenuß“ (Gehalt 
usw.) und den Zeitpunkt, mit welchem das Verhältnis beginnt.18) Die Anstellungsbehörde 
fertigt diese Urkunde aus. 11) Die Zustellung eines solchen Bestallungsdekretes ist die 
gebräuchliche Form für die Begründung des Staatsdienstverhältnisses. 15) 
10) Die Motive zum Entwurf des Staatsdienergesetzes schwanken noch: „Ob das Verhältnis 
der Staatsdiener auf einem stlllschweigenden Vertrag oder auf einer allgemeinen Verbindlichkeit 
zur Dienstleistung beruhe?"“ (Landt.-Akten 1833/34 I. Abt. Bd. 1 S. 54). Das erstere ist die 
alte — trotz aller Bemäntelungen — zivilrechtliche Auffassung, die ihre Seltsamkeit schon dadurch 
bekundet, daß dieser so hochwichtige Vertrag notwendig ein „stillschweigender“ sein muß. Das 
zweite ist die unbeholfene Gestalt, in welcher durch Goenners Schrift, der Staatsdienst, zuerst die 
öffentlichrechtliche Jdee in diese Materie hereingriff. Heutzutage erkennen wir in dem Vorgange 
einen Staatsakt, der mit seinen Besonderheiten sich ungezwungen einreiht in das System der 
sonstigen Erscheinungsformen der öffentlichen Gewalt. 
11) So Staatsdienerges. 3 4 Abs. 4. In §56 ist die Rede von der „wirklichen Verleihung 
einer Staatsdienerstelle“ an einen Angestellten. Hier findet die theoretische Sonderung Ausdruck: 
das durch die Anstellung begründete Verhältnis ist zunächst noch ganz allgemein gedacht, als Pflicht 
sich verwenden zu lassen im Staatsdienst; nun kommt die wirkliche Verwendung dazu. 
12) Opitz, Staats-R. 1 S. 248 drückt das so aus: „Eine besondere Befähigung wird 
für die Staatsdienereigenschaft unmittelbar nicht vorausgesetzt, sondern nur mittelbar, insofern, 
als das Amt, mit dessen Bekleidung die Staatsdienereigenschaft verbunden ist, eine solche erfordert.“ 
Die theoretische Sonderung von Anstellung und Amtsverleihung ist dabei vielleicht etwas zu 
stark betont. — Die besondere Befähigung, welche das Amt, die „Dienstverrichtung“ verlangt, wirkt 
auf die Anstellung nicht bloß insoweit zurück, daß es sich danach richtet, ob sie geschehen kann oder 
nicht, sondern es hängt z. B. auch davon ab, ob sie schlechthin oder auf Kündigung erfolgt: auf 
Kündigung kann nur angestellt werden für Amter, die „eine höhere wissenschaftliche Ausbildung 
nicht in Anspruch nehmen“ (Staatsdienerges. § 5; vgl. unten IV. N. 1). 
13) Staatsdienerges. § 6, § 11; Ausf.-Verord. vom 7. März 1835 F 4. 
14) Und davon heißt sie Anstellungsbehörde: Staatsdienerges., 4 3. — ein Beweis, wie sehr 
Begründung der Dienstpflicht und Verleihung des Amtes ineinander gedacht sind. 
15) Eine Formbedingung der Gültigkeit der Anstellung ist das nicht, so wenig wie nach dem 
R.B. G. § 4. — Die Bestallungsurkunde dient übrigens auch bei Beförderungen und Versetzungen, 
wo es sich um Begründung eines Dienstverhältnisses, um Anstellung im Staatsdienste, nicht handelt. 
— Als Beispiel einer Bestallungsurkunde mag folgendes, vom Ministerium des Innern verwendete
	        
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