240 Fünfter Abschnitt: Die Staatsbehörden. § 28.
Die Strafmittel sind: Verweis, Geldstrafe bis zum Monatsbetrag
des Diensteinkommens und Dienstentlassung. Die ersteren beiden, als auf Besse-
rung des Staatsdieners selbst gerichtet, stehen zur Verfügung seiner Dienstbehörde. Diese
soll ihn nur anhören, bevor sie die Strafen verhängt. Für die Dienstentlassung dagegen
ist ein besonderes Verfahren geordnet. Die Einleitung ist dem Ministerium vorbehalten,
zu dessen Dienstzweig der zu Entlassende gehört. Nach einer förmlichen Voruntersuchung
wird die Sache zur mündlichen Verhandlung vor die Disziplinarkammer ver-
wiesen. Diese besteht aus fünf vom Könige ernannten Mitgliedern, darunter mindestens
zwei, die ein Richteramt bekleiden oder bekleidet haben, als sie in Ruhestand versetzt wurden.
Ein vom Ministerium für jeden Einzelfall damit beauftragter Beamter versieht die Stelle
eines Staatsanwalts.
Gegen die Entscheidung steht dem Angeschuldigten wie dem Staatsanwalte die Beru-
fung zu an den Disziplinarhof. Dieser besteht aus sieben vom Könige ernannten
Mitgliedern, darunter mindestens drei, die einem oberen Gerichtshofe (jetzt Oberlandes-
gericht) angehören oder angehört haben, als sie in Ruhestand traten. Die Anklage nimmt
hier der Oberstaatsanwalt beim Oberlandesgericht wahr.
Ist durch eines der Disziplinargerichte die Entlassung endgültig ausgesprochen, so
verfügt die Anstellungsbehörde behufs der Ausführung des Erkenntnisses das
Weitere.29)
Jedes Disziplinarverfahren fällt weg und ist einzustellen, wenn der Angeschuldigte
seine Entlassung aus dem Staatsdienste begehrt: es ist damit gegenstandslos geworden.
Das Entlassungsgesuch muß selbstverständlich ein vorbehaltloses sein, d. h. den Verzicht
auf Titel, Gehalt und Pensionsanspruch mit enthalten.# 20)
III. Die Gegenleistung des Staates besteht zum Teil in der Gewährung
von Titel und Rang, worüber hier nichts weiter zu sagen ist; vor allem aber
in dem, was der Staatsdiener an Vermögenswerten, Geld und Geldeswert,
von ihm zugesichert erhält. Diese Leistungen hat der Staatsdiener entweder selbst zu
beziehen, so lange er im Amte steht (Dienstgenuß) und für die Zeit, da er kein Amt
mehr führt (Pension, Wartegeld), oder sie gehen an seine Hinterbliebenen
(Gnadengenuß und Pension der Witwen und Waisen).
1. Das Staatsdienerges. v. 1835 & 6 versteht unter Dienstgenuß die Gesamtheit
der dauernden Vermögensleistungen, welche zu Gunsten des Staatsdieners mit der Verwal-
tung der Stelle verbunden sind, sei es, daß sie ordentlicherweise dazu gehören, sei es, daß sie
ihm besonders zugewiesen wurden. Es unterscheidet dann wieder drei Bestandteile des
Dienstgenusses:
— das eigentliche Diensteinkommen;
— den nur zufälligen Dienstgenuß (Nebengenuß, Nebenemolumente):
— die Vergütung für den Dienstaufwand.
Das Diensteinkommen hat zu seinem Kern den mit der Stelle verbundenen
29) Staatsdienerges. § 31; Ges. von 1876 F 31.
30) Ges. vom 3. Juni 1876 3/ 33 hat hier noch, in Anschluß an R. B. G. § 100, die Bedingung
gestellt, daß der Gesuchsteller „seine amtlichen Geschäfte bereits erledigt und über die ihm etwa
anvertraute Vermögensverwaltung Rechnung abgelegt hat.“ In Sachsen findet das seinen guten
Zusammenhang dadurch, daß für diesen Fall auch die Entlassung verweigert werden kann (Staats-
dienerges. § 18; vgl. unten Note 51).