8 28. Das Staatsdienerrecht. 245
— Witwen und Kinder eines verstorbenen Staatsdieners erhalten Pension, ohne
Unterschied, ob dieser Staatsdiener noch im Amte war oder schon in Ruhestand oder einst-
weiligen Ruhestand getreten. In allen Fällen berechnet sich die Pension der Hinter-
bliebenen als ein Bruchteil des letzten Diensteinkommens des Verstorbenen.
Die Witweinn) erhält ein Fünftel dieses Einkommens. Ihre Pension endigt im
Falle der Wiederverehelichung. )
Die Kinder erhalten jedes ein Fünftel der Witwenpension, im Falle des Todes
der Mutter drei Zehntel. Ihre Pension endigt mit dem zurückgelegten achtzehnten Le-
bensjahr oder früherer Versorgung, namentlich Verheiratung der Töchter.“)
Die Pensionen beginnen mit Ablauf des Gnadengenusses oder, wo ein solcher nicht
stattfand (der Verstorbene war in Ruhestand getreten) des Sterbemonats. Sie können
entzogen werden wegen sittenlosen Lebenswandels und deshalb wiederholt erlittener
Polizeistrafe, wegen Verurteilung zu Zuchthausstrafe oder Verwahrung in einer Besse-
rungsanstalt. Die Anstellungsbehörde des Verstorbenen entscheidet darüber.“
Für die Pfändung von Sterbemonat, Gnadengenuß und Hinterbliebenen-Pension
gelten die Beschränkungen, die das Gesetz bezüglich des Diensteinkommens aufstellt. 45)
Dagegen ist die Hinterbliebenen-Pension auch nicht teilweise abtretbar.") Das Aufrech-
nungsrecht des Fiskus ist wieder unbeschränkt. )
Bezüglich aller Pensionen des Staatsdieners selbst wie seiner Hinterbliebenen,
die den Betrag von 600 M. überschreiten, ist bestimmt, daß sie einen Abzug von zehn
Prozent erfahren, wenn sie im Ausland d. h. außerhalb des Deutschen Reiches verzehrt
werden. Der König kann im Gnadenweg den Abzug erlassen."8)
In weitem Maße ist übrigens im Pensionierungswesen für Billigkeitsrück-
sichten die Türe geöffnet. Die Anstellungsbehörde kann einem wegen Dienstunfähig-
keit ausgeschiedenen Staatsdiener, dem nach den allgemeinen Grundsätzen ein Anspruch
nicht zustände, unter Umständen gleichwohl Pension gewähren oder eine höhere als die
vorgesehene. Gleiches gilt auch bezüglich der Hinterbliebenen. "#) Ein Recht entsteht
hier immer erst mit der Bewilligung, die ihrerseits ganz freies Ermessen der Anstellungs-
behörde ist.
Soweit aus dem Staatsdienstverhältnis vermögensrechtliche Ansprüche wirklich
begründet sind, für den Staatsdiener selbst oder seine Hinterbliebenen, ist zu ihrer Gel-
41) Staatsdienerges. § 394 und § 42 a und b, macht noch allerlei Einschränkungen, um den
Fiskus gegen Belastung durch verspätete Ehen zu schützen: die Wittwe und ihre Kinder haben
keinen Anspruch, wenn die Ehe erst während des letzten Krankenlagers geschlossen war, oder nach der
Pensionierung oder nach zurückgelegtem 65. Jahre und mit allzu großem Altersunterschied.
42) Staatsdienerges. § 43, § 46 B.
43) Staatsdienerges. & 43, § 46 C.
44) Staatsdienerges. & 46, A2.
45) Z. Pr. O. 850 Ziff. 7. 1
46) Staatsdienerges. 8 46, E.G. z. B. G. B. Art. 81.
47) Vgl. oben Note 35.
48) Ges. vom 3. Juni 1876 § 45. Für den Staatsdiener selbst geht die ganze Pension ver-
loren durch Annahme einer Anstellung im Ausland: Staatsdienerges. § 36 Ziff. 2. Ursprünglich
richteten sich diese Bestimmungen wesentlich gegen die deutschen Nachbarstaaten; sie waren als
„Retorsionsmaßregeln“ gegen diese gedacht (Landt.-Akten 1833/34 I. Abt. 4. Bd. S. 43 u.
44). Dieser Gedanke ist auch im Ges. vom 1876 noch insofern wirksam, als durch Staatsvertrag
mit der betreffenden auswärtigen Regierung der Pensionsabzug gegenseitig ausgeschlossen werden
kann. Ein solcher Vertrag besteht seit 1852 mit Österreich (Verord. vom 26. Nov. 1852).
49) Staatsdienerges. § 42, § 43, 5J 49; Ges. vom 3. Juni 1876 #(#(19, + 35.