Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

8 30. Kreishauptmannschaft und Amtshauptmannschaft. 257 
  
einzelnen Fall veranlassen.20) Endlich hat die Verf.-Urk. K 41 Abs. 4 dem Könige frei- 
gestellt, sich durch Erweiterung des Gesamtministeriums einen Staatsrat zu bilden. 
Auch hier liegt es von vornherein im Belieben des Königs, noch andere Männer zu den 
Beratungen der Minister zuzuziehen. Das Besondere des Staatsrates ist nur, daß er eine 
ständige Einrichtung ist mit auf die Dauer vom König ernannten Mitgliedern; er hat 
denn auch seinen Etat. Die Verordnung wegen Errichtung des Staatsrates vom 16. Nov. 
1831 bestimmte zuerst das Nähere; sie wurde ersetzt durch Verordnung vom 29. Mai 1855. 
Danach setzt sich der Staatsrat zusammen: 
— aus sämtlichen Ministern; 
— den vom Könige dazu bestimmten volljährigen Prinzen des Königlichen Hauses; 
— den sonst vom Könige verordneten ordentlichen und außerordentlichen Mitgliedern; 
die letzteren sind bestimmt, nur für gewisse Arten von Angelegenheiten, für welche sie als 
besonders sachverständig gelten, zugezogen zu werden.1) Der König ernennt den Präsi- 
denten, der dadurch Mitglied wird, wenn er es nicht schon ist. 
Der König kann für einzelne Fälle die Zuziehung auch noch anderer Männer befehlen. 
Die von auswärts kommenden Mitglieder werden für den Aufwand entschädigt. Die 
Mitgliedschaft ist kein Amtj sie ist mit keiner entsprechenden Dienstpflicht verbunden.) 
Die Minister, selbstverständlich, befinden sich auch hierbei in Erfüllung ihrer dienstlichen 
Aufgabe und sind verantwortlich für die Art, wie sie das machen. 
Der König ist von den Plenarsitzungen jedesmal zu benachrichtigen, um, wenn er es 
für gut findet, beizuwohnen. 
§ 36. Kreishauptmannschaft und Amtshauptmannschaft. Die Verordnung wegen 
Errichtung von Kreis direktionen vom 6. April 1835 hatte beabsichtigt, den 
Schwerpunkt der laufenden Verwaltung in diese Behörden zu verlegen. Daher sorgte sie 
für ihre reichliche Besetzung (§ 14), forderte „kollegialische Geschäftsbehandlung" für alle 
wichtigeren Sachen (§+ 17) und brachte die Amtshauptleute in ein eigentümliches Abhängig- 
keitsverhältnis: sie sind „delegierte Mitglieder“ der Kreisdirektion, können zu den Be- 
ratungen zugezogen werden und haben dann Stimmrecht (5 22). 
Das Org.-Ges. vom 21. April 1873 bewegt sich in der entgegengesetzten Richtung. 
Während es die Amtshauptmannschaft geradezu das ordentliche „erstinstanzliche Organ 
der Landesverwaltung“" nennt, zuständig als solches in allen Angelegenheiten, für die 
keine andere Zuständigkeit bestimmt ist (5 6 Ziff. 1), sind ihm die Kreishauptmannschaften 
in erster Linie nur „die unmittelbar delegierten Organe der Staatsregierung für die 
20) Verord. vom 7. Nov. 1831 F 4 G Ziff. 8. Nur in diesem Falle spricht das Kollegium selbst. 
Kollegialische Verfassung „in dem Sinne, daß sie kollegialisch beraten“, die Entscheidung aber 
„regelmäßig nicht durch Abstimmung erfolgt“ (G. Meyer-Anschütz, Staats-R. S. 361 
Note 3), bedeutet, daß das Kollegium als solches nicht in Betracht kommt. 
21) Der Verord. vom 29. Mai 1855, veränderte Einrichtungen betr., ist eine „Anfuge“ 
beigegeben, enthaltend den damaligen Personalbestand des Staatsrates. Außer zwei Prinzen 
und den Ministern sind als ordentliche Mitglieder 11 höhere Beamte angeführt; dazu als außer- 
ordentliche Mitglieder a) für Militärangelegenheiten: 3 hohe Offiziere; b) für Angelegenheiten 
des Kultus= und öffentlichen Unterrichts: der apostolische Vikar und ein Geheimer Kirchen= und 
Schulratzc) für Angelegenheiten des Handels und der Gewerbe: ein Staatsminister a. D. — Das 
wird wohl als vorbildliche Zusammensetzung gelten können. 
22) Verord. vom 29. Mai 1855 K+ 3: „Der Beisitz im Staatsrate ist mit einem besonderen 
Rang und einer Besoldung nicht verbunden.“ Deshalb könnte es sich gleichwohl um ein Ehrenamt 
handeln. Aber es ist hier mit Absicht alles vermieden, was irgendwie nach Pflicht und Rechts- 
zwang aussähe. Ohne Rechtspflichten gibt es kein Amt. 
Otto Mayer, Sächsisches Staatsrecht. 17
	        
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