262 Fünfter Abschnitt: Die Staatsbehörden. 8 30.
des Kreisausschusses einzufordern (Org.-Ges. § 28). Letzterenfalls wird aber die beratende
Tätigkeit dieses Organs sich notwendig darstellen in einem förmlichen Gutachten, beschlossen
unter Mitwirkung des Kreishauptmanns.
II. Entsprechend der größeren Bedeutung, welche die Amtshauptmann-
schaften gewinnen sollten, hat das Org.-Ges. eine Vermehrung der Zahl dieser Be-
hörden in Aussicht genommen. 15) Zurzeit bestehen deren 27.20) Ihren räumlichen Wir-
kungskreis bezeichnet man im Gegensatz zu dem „Regierungsbezirk“ der Kreishaupt-
mannschaft als „Bezirk“ schlechthin, genauer „amtshauptmannschaftlichen Verwaltungs-
bezirk“, bei kurzer Sprechweise auch „Amtshauptmannschaft“.
Die Amtshauptmannschaft besteht aus dem Amtshauptmann als dem Vorstand und
den ihm zur Stellvertretung und Unterstützung beigegebenen Hilfsarbeitern nebst Kanzlei-
personal.!)
Die Amtshauptmannschaft bildet niemals ein Kollegium. Dafür lönnen umgekehrt
im Bezirke der Amtshauptmannschaften „abgezweigte Geschäftsstellen“
errichtet werden (Delegationen; Org.-Ges. s 8 Abs. 3):; ein Hilfsarbeiter des Amts-
hauptmanns soll seinen Sitz außerhalb des Sitzes der Amtshauptmannschaft haben, um
gewisse Geschäfte in unmittelbarer Berührung mit den örtlichen Verhältnissen zu er-
ledigen. Der Kreis dieser Geschäfte, ebenso wie der Sitz der Geschäftsstelle, wenn eine
solche eingerichtet werden soll, wird durch Verordnung bezeichnet. Der dazu bestellte
Beamte handelt als Vertreter des Amtshauptmanns und in dienstlicher Unterordnung
unter diesen. Er hört nicht auf, Mitglied der Amtshauptmannschaft als „bureaukratisch
eingerichteter“ Vorstandschaftsbehörde zu sein.22)
Als Seitenstück zum Kreisausschuß erscheint hier der Bezirksausschuß. Er
besteht aus dem Amtshauptmann als Vorsitzendem und 8 von der Bezirksversammlung
gewählten Mitgliedern. Von diesen sollen aber je zwei die Vertreter der Höchstbesteuerten,
der Stadtgemeinden und der Landgemeinden des Bezirks vorstellen, so daß also die Wahl
für 6 Mitglieder insoweit gebunden ist.23)
Bei Verteilung der Zustän digkeiten kommen die Delegationen nicht in Betracht:
19) Die Ausf.-Verord. vom 20. Aug. 1874 §F 2 stellte diese Zahl zunächst auf 25 fest: gelegent-
lich der Beratung des Haushaltsplanes für 1874/75 hatte man sich mit den Ständen hierüber ge-
einigt. Durch spätere Verordnung kam noch je eine Amtshauptmannschaft hinzu für die Schön-
burgischen Rezeßherrschaften und durch Teilung der Amtshauptmannschaft Dresden.
20) Es zählen die Regierungsbezirke Bautzen 4, Chemnitz 5, Dresden 7, Leipzig 6, Zwickau 5
Amtshauptmannschaften.
Die Städte Dresden, Leipzig, Chemnitz, Plauen und Zwickau sind exemt, d. h. von der
Zuständigkeit der Amtshauptmannschaften ausgenommen (Ges. vom 30. April 1906, I). Sie
stehen also unmittelbar unter der Kreishauptmannschaft; die Geschäfte der Amtshauptmannschaft
versehen sie selbst, mit Ausnahme der durch Org.-Ges. #9 Abs. 2 besonders vorbehaltenen: Militär-
angelegenheiten, staatliche Straßen= und Wasserbausachen, Beaufsichtigung des Gemeindewege-
wesens, Enteignungs= und Eisenbahnsachen. Für diese pflegt der Amtshauptmann des Nachbar-
bezirkes, der in der Stadt seinen Sitz hat, beauftragt zu sein (F. Wach, Org.-Ges. S. 56 f.).
21) Die Amtshauptmannschaft Bautzen z. B., die etwas über mittlere Größe hat, zählt:
1 Amtshauptmann, 2 Juristische Hilfsarbeiter, 1 Obersekretär, 5 Sekretäre, 4 Baureauassistenten,
5 Expedienten.
22) Das Nähere bestimmt die Verord. vom 21. August 1874, die Errichtung amtshauptmann-
schaftlicher Delegationen betr. Zur Zeit besteht nur die Delegation in Sayda, Bezirk Freiberg,
besetzt mit 1 Regierungsrat, 2 Bureauassistenten und 2 Expedienten.
23) Org.-Ges. § 13: Ausf.-Verord. vom 20. Aug. 1874 §K 25. Von seiner Befugnis, die Mit-
Alteerzahl zu erhöhen (Org.-Ges. & 13 Abs. 2), hat das Ministerium bisher keinen Gebrauch ge-
macht.