Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

l 30. Kreishauptmannschaft und Amtshauptmannschaft. 263 
  
als Gesamtbehörde tritt die Amtshauptmannschaft nicht auf. Wir haben also hier nur 
zwei Massen: 
1. Der Amtshauptmann als Vorstand der Behörde hat für seine Verwaltungs- 
stufe die entsprechenden Arten von Geschäften, wie der Kreishauptmann, nur daß eben 
dabei keine Ausscheidung von kollegial zu behandelnden stattfindet und andererseits auch 
der dortige Gegensatz nicht durchzuführen ist zwischen „delegiertem Organ“ und „ent- 
scheidender Behörde“, — dieses aus dem einfachen Grunde, weil der Amtshauptmann für 
alle seine Geschäfte das „erstinstanzliche Organ“ selber ist, immer „entscheidende Behörde“. 
Dem Amtshauptmann sind durch das Org.-Ges. vor allem die bisherigen Geschäfts- 
zweige beibehalten worden, dazu erhielt er nur die seitherige Zuständigkeit der Gerichts- 
ämter in Verwaltungssachen (§ 5). Er hat die örtliche Polizeiverwaltung, soweit sie nicht 
den Gemeindebehörden überwiesen ist (5 6 Ziff. 2):4); gemäß der ausgesprochenen Tendenz, 
den Schwerpunkt auf diese Verwaltungsstufe zu verlegen, hat ihn die folgende Gesetz- 
gebung in reichlicher Weise noch weiter ausgestattet. 
Überdies ist der Amtshauptmann gegenüber allen Gemeinden, die nicht die Rev. 
St.-Ord. besitzen, Aufsichtsbehörde ihrer örtlichen Polizeiverwaltung (5 6 Ziff. 2), 
Gemeindeaufsichtsbehörde (& 6 Ziff. 3) und Rekursinstanz über ihre Behörden in Polizei- 
sachen und sonstigen Angelegenheiten allgemeiner Landesverwaltung (*§ 6 Ziff. 5). 
2. Der Bezirksausschuß kommt daneben in dreifacher Weise in Betracht: 
— Als „zur Entscheidung berufenes Organ“ erledigt er durch obrigkeitlichen 
Ausspruch die ihm durch das Gesetz zu diesem Zwecke überwiesenen Sachen. Es sind das 
gewerbepolizeiliche Angelegenheiten, Wegesachen, Wahlstreitigkeiten und dergleichen; vor 
allem wird ein großer Teil der Gemeindeaufsicht in dieser Weise gehandhabt (Org.-Ges. 8 11). 
— „Zur Beratung“ wird er zugezogen in den Fällen, in welchen Gesetz oder 
Verordnung vorschreibt, daß eine gewisse Anordnung nach „Gehör des Bezirksausschusses“ 
zu ergehen hat. Diese Fälle begreifen Anordnungen des Ministeriums, des Kreishaupt- 
manns und des Amtshauptmanns; die Anhörung ist dann Gültigkeitsbedingung. Dem 
Amtshauptmann steht es überdies frei, beliebige Sachen seiner alleinigen Zuständigkeit 
vorher im Bezirksausschusse zur Beratung zu bringen; ebenso können seine vorgesetzten 
Behörden gutachtliche Außerungen der Gesamtbehörde Bezirksausschuß einfordern (Org.= 
Ges. § 12). Für die Form, in welcher diese Beratung sich darstellt, ergeben sich auch hier 
die oben Note 18 für den Kreisausschuß hervorgehobenen Verschiedenheiten. 
— Dieehrenamtlichen Mitglieder des Bezirksausschusses sind als einzelne 
berufen, den Amtshauptmann zu unterstützen, insbesondere bei Überwachung polizei- 
licher Zustände und zur Vorbereitung und Vermittlung von Sachen, die zur Entscheidung 
des Bezirksausschusses kommen sollen (Org.-Ges. § 19).25) 
24) Vgl. unten # 32, V. # 
25) Die Bestimmung des §&– 19 ist durch die Stände in das Gesetz gebracht worden (Landt.= 
Mitt. 1871/72 II. K. Bd. 3 S. 3089). Der Wortlaut ist fast genau dem Bad. Verw.-Ges. vom 
5. Okt. 1863 J 9 entnommen. Die Deputation der II. Kammer hatte sogar, zu größerer Überein- 
stimmung, für die Bezirksausschußmitglieder den Namen „Bezirksräte“ vorgeschlagen (Landt.= 
Akten 1871/72 Beil. zur III. Abt. Berichte d. II. K. Bd. 3 S. 281). Die Bezirksausschußmitglieder 
sind zweifellos auch in dieser Tätigkeit öffentliche Beamte (F. Wach, Org.-Ges. S. 86, in Anschluß 
an Leuthold im Sächs. Wochen-Blatt 1874 S. 54; übereinstimmend für Baden Weigel, 
Komment. z. Bad. Verw. Ges. S. 186). Aber Vollstreckungsbeamte im Sinne des § 113 Stf.G. B., 
wie Leuthold meint, sind sie deshalb doch nicht. "6
	        
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