g 31. Verwaltungsgerichte und Kompetenzgerichtshof. 267
— Entschädigungsansprüche gegen den Staat für stattgehabte Ent—
eignung oder für die rechtswidriger Weise von einer Verwaltungsbehörde jemandem
zugefügten Nachteile (6 7). Die Rechtswidrigkeit muß darin bestehen, daß die Behörde
„ihre Amtsgewalt überschritten oder gemißbraucht oder Amtspflichten vernachlässigt hat.“
Das Gericht darf jedoch dabei an den in Betracht kommenden Verwaltungsakten keine
Nachprüfung anstellen „über ihre Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit in bezug auf das
allgemeine Beste“ (Ermessensfrage!), noch auch sie „für ungültig erklären.““)
Ansprüche der Gemeindebeamten aus ihrem Dienstverhältnisse“ einheitlich an das Verwaltungs-
gericht verwies (Apelt, Komment. z. Verw.-R.-Pfl.-Ges. S. 37 u. 38). Das ist ein Zeugnis
für die veränderte Auffassung von der Natur dieser Rechtsverhältnisse.
4) Es handelt sich also bei dieser „Schädenklage“ im zweiten Teile des § 7 A-Gesetzes um
eine Klage gegen den Staat, nicht gegen den fehlenden Beamten perfön-
lich. Der Beamte haftet ja wohl zugleich noch persönlich. Aber die Klage gegen ihn, als auf
zweifellos privatrechtlicher Grundlage beruhend, gehörte schon immer der Justiz und verbleibt
ihr, ohne daß das 4-Gesetz nötig hatte, etwas davon zu sagen. Die Beschränkungen, welche das
Gesetz hier der Justiz setzt, passen auch gar nicht auf die Klage gegen den Beamten. Es hat einen
guten Sinn, daß der Staat für seinen Beamten vom Gericht nicht haftbar gemacht werden soll
wegen eines Mißbrauchs des „freien Ermessens"“, dessen dieser sich schuldig gemacht hätte; der
Beamte persönlich müßte aber doch immer auch für solche Arglist büßen. Es hat einen Sinn, den
Gerichten zu verbieten, daß sie etwa gelegentlich der Klage gegen den Staat und die öffent-
liche Verwaltung auch den in Frage stehenden Staatsakt selbst („Verordnung“ sagt hier das Gesetz
im Sinne von Beschluß, Verfügung; vgl. D-Gesetz § 18 d) schlechthin „für ungültig erklären“
und aufheben; bei der Klage gegen den Beamten persönlich wird der Richter ohnehin nicht auf
diesen Gedanken kommen, und man hat deshalb von jeher Mühe gehabt, diese Ungültigerklärung
im Wege der Auslegung hier anzupassen und zurecht zu rücken. In allen Fällen des § 6 und §7
handelt es sich um Sachen, bei welchen der Staat Partei ist. Die beiden Arten von Entschädigungs-
ansprüchen des § 7 (aus Enteignung oder Amtspflichtverletzung) sind den „privatrechtlichen
Irrungen“ des § 6 gegenüber gestellt und der folgende § 8 schließt daran an mit den Worten:
„Über Irrungen in andern Verhältnissen des öffentlichen Rechts entscheiden die Verwaltungs-
behörden.“ — Da kann doch nicht unmittelbar vorher von der Klage gegen den Beamten per-
sönlich die Rede gewesen sein!
Daß man diese Schädenklage gegen den Staat hier dem öffentlichen Recht zuschrieb, das
hängt damit zusammen, daß sie tatsächlich vorstellt, was übrig geblieben ist von dem in Verfs.-Urk.
#49 verheißenen Grundrechte: „Jedem, der sich durch einen Akt der Staatsverwaltung in seinen
Rechten verletzt glaubt, steht der Rechtsweg offen.“ Die Gründe zum Entwurf des A-Gesetzes
sagen: „Daß wegen jeder Handlung der Verwaltungsbehörden der Rechtsweg gestattet werde,
ist unausführbar.“ Für privatrechtliche Streitigkeiten, ja und zwar „unbedingt“; aber in Ansehung
der Gegenstände des öffentlichen Rechts ist es eine Frage des „Ermessens der gesetzgebenden
Behörde“ wie weit man gehen kann. „Der Entwurf enthält nun das Ermessen der Regierung“
(Landt.-Akten 1833 1I. Abt. 1. Bd. S. 571, 572). Die schwer verständliche Bestimmung im Staats-
dienerges. § 30 bedeutet nur eine Anwendung dieses Grundsatzes auf den besonderen Fall: der
entlassene Staatsdiener hat keine Klage zur Anfechtung des Entlassungsaktes; „nur wenn in An-
sehung des vorgeschriebenen Verfahrens gefehlt worden ist, findet eine Schädenklage statt“ —
gegen den Staat natürlich. Vgl. oben § 28 Note 50. Es ist die bekannte Lösung: der rechtswidrige
Staatsakt selbst ist für die Gerichte unantastbar, aber Entschädigung dürfen sie unter Umständen
dafür zusprechen. — Eine verwandte Erscheinung bietet ja die durch & 75 der Einl. zum Preuß.
Allg. Landrecht geschaffene Ordnung, welche die Gerichte Entschädigungsfolge auch an rechtmäßige
staatliche Eingriffe knüpfen läßt. Man hat, vielleicht mit Recht, auch für Sachsen das Vorhanden-
sein eines ganz gleichen Rechtsgrundsatzes behauptet (Milhauser in Ztschft. f. Rechtspfl.
und Verw. 1839 S. 167: „Der Staat habe Entschädigung zu gewähren, auch wo er in Ausübung
verfassungsmäßiger Befugnisse die Rechte anderer beeinträchtigt“) und die konstante Rechtspre-
chung des ehemaligen Oberappellationsgerichts hielt daran, die gerichtliche Zuständigkeit gemäß
A-Gesetz § 7 auch für solche Entschädigungsansprüche zu behaupten. Das Oberlandesgericht hat
mit dieser letzteren Ansicht aus guten Gründen gebrochen (Erl. vom 25. Sept. 1889, Annalen
Bd. 11 S. 77 ff.). Aber gerade, daß diese irrtümliche Ausdehnung möglich war, zeigt doch aufs
deutlichste, worum es sich handelt.
Die Meinung scheint zur Zeit die zu sein, daß §7 von einer Schädenklage spreche, die gegen den
Staat oder gegen den Beamten oder gegen beide gerichtet werden könne (Nippold, Beitr. S. 42).
Allein das sind doch Klagen recht verschiedener Art; 3 7 bezieht sich m. E. auch bloß auf die gegen
den Staat. Wenn man sich darauf beruft, daß in den Kammerverhandlungen der Regierungs-
vertreter geäußert hat, der Verletzte könne auf diese dreierlei Art klagen (Landt.-Akten 1833 Abt. 3