8 31. Verwaltungsgerichte und Kompetenzgerichtshof. 271
schöpfend) aufgezählt: es sind Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche
der Selbstverwaltungsbeamten aus ihrem Dienstverhältnisse, Gebühren öffentlicher Be-
diensteter und öffentlich bestellter Gewerbetreibender, Zugehörigkeit eines Grundstückes
zu einer Gemeinde oder einem sonstigen öffentlich rechtlichen Verbande, Rechte und Ver-
bindlichkeiten aus solchen Verbänden, Ersatzansprüche der Armenverbände untereinander
usw. Alle diese Streitfälle gehören aber nur dann in die Verwaltungsrechtspflege der
Kreishauptmannschaft, wenn sich dabei mehrere Beteiligte gegenüberstehen. 12) Diese
werden dann vor dem Verwaltungsgerichte Kläger und Beklagte und die Sache selbst
erhält die Natur der Parteistreitigkeit des öffentlichen Rechts. Das Gericht kann nach
freiem Ermessen Dritte, deren Interesse durch das Urteil berührt wird, beiladen, die dann
durch die Beiladung gleichfalls Partei werden.
Die Parteien haben die Rechten und Pflichten, welche ihnen zukommen gemäß
der rechtlichen Natur des Prozesses als eines geordneten Zusammenwirkens der
Obrigkeit und der Beteiligten behufs Erzielung eines die Sache wohl erledigenden Aus-
spruches. Zwar ist die den Zivilprozeß beherrschende Verhandlungsmaxime
hier nicht in vollem Maße zur Durchführung gebracht. Da hier ein öffentliches Interesse
mit dem der Parteien sich kreuzen kann, ist das Verwaltungsgericht vielfach berufen, von
Amts wegen vorzugehen. Der Beweis wird von Amts wegen erhoben, über die Anträge
kann hinausgegangen, die Sachlage kann auch zum Nachteile des Klägers geändert werden
(54 25); Zurücknahme der Klage bedarf der Einwilligung des Gerichts (5 35). Aber doch
wird die ganze Tätigkeit des Gerichts nur in Bewegung gesetzt von der Partei, die die
schriftliche Klage einreicht (§ 34). Sein Ausspruch darf nur die Parteien betreffen (&* 25
Abs. 2) und die gibt ihm die Klage; Ausdehnung ist nur möglich in Form der Beiladung
45). Das Urteil darf auch nicht über den Gegenstand der Verhandlung hinausgehen,
der in erster Linie durch die Klage bezeichnet wird (§ 25 Abs. 1, § 34). Alle Tatsachen und
Beweismittel, auf welche das Urteil gestützt werden soll, müssen den Parteien vorgelegen
haben, um sich darüber zu äußern, weitere Tatsachen und Beweismittel vorzubringen
und entsprechende Anträge stellen zu können. Die Klage und alle anderen Parteianträge
haben das Recht auf Prüfung und Bescheid. Schließlich weist das Urteil sich aus über die
genügende Berücksichtigung alles Vorgebrachten durch Entscheidungsgründe, mit welchen
es versehen sein muß (§ 25 Abs. 3). Das nicht mehr anfechtbare Urteil hat die Eigenschaft,
rechtskräftig zu sein. Es bindet selbstverständlich die Parteien: diese Eigenschaft
teilt es mit dem gewöhnlichen Verwaltungsakt. Es bindet auch die Verwaltungsgerichte,
12) Landt.-Akten 1899/1900 K. Dekrete 3, 1 S. 282. Das Ges. vom 24. Mai 1902 8 1 hat
noch einige entsprechende Fälle aus dem Gebiete der kirchlichen Angelegenheiten hinzugefügt
(Ges. u. Verord.-Bl. S. 133), das Ges. v. 24. Juni 1902 5 16 Streitigkeiten über Enteignungs-
entschädigung.
13) Wo diese Voraussetzung sich nicht schon aus der Natur der Streitsache, wie sie das Ge-
setz bezeichnet hat, von selbst ergibt, wird von ihm noch besonders hervorgehoben: „wenn hierüber unter
diesen Beteiligten Streit entsteht“ (Verw. R. Pfl. Ges. s 4 Ziff. 3, 6, 9). Die Beteiligten müssen
miteinander vor der Obrigkeit streiten. Wird über die nämliche Frage von einem Beteiligten
oder mehreren in gleiche Sinne Beteiligten mit der Obrigkeit gestritten, so ist das keine Partei-
streitigkeit des öffentlichen Rechts, keine Verwaltungsstreitsache im Sinne des §& 21, sondern ein-
fache Verwaltungssache. Nach § 21 Ziff. 2 gehört es z. B. vor das Verwaltungsgericht, wenn
zwei Gemeinden sich über die Zugehörigkeit eines Grundstücks streiten; wenn die nämliche Frage
zwischen dem Besitzer des Grundstücks und einer der Gemeindeobrigkeiten entsteht, die das Grun
stück in Anspruch nehmen, so entscheidet hierüber die Verwaltungsbehörde (Landt.-Akten 1899/1900.
K. Dekrete 3, 1 S. 284).