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und Stadtverordnete „in Eins verschmolzen sein sollen“,?s) Dann werden die Befug-
nisse der Stadtverordneten ausgeübt durch den Stadtgemeinderat, der sich
bildet aus dem Zusammentritt der Stadtverordneten und der Mitglieder des Stadtrates.
Der Börgermeister sitzt vor. Die Zuständigkeiten des Stadtrates bleiben daneben un-
berührt. Die Stadtverordneten verhandeln und beschließen nur ausnahmsweise allein:
wenn es sich um Prüfung der Gemeinderechnungen oder um Rechtsstreitigkeiten zwischen
der Stadt und den Mitgliedern des Stadtrates handelt. Für diese Sitzungen wählen sich
die Stadtverordneten einen „außerordentlichen Vorsitzenden“.9)
— Die St.-Ord. f. mittl. u. kl. St. geht noch einen Schritt weiter, indem sie dem Stadtrat.
die Eigenschaft einer Gesamtbehörde nimmt. Der Stadtrat bildet wie im vorigen Fall
mit den Stadtverordneten zusammen einen Stadtgemeinderat. Er besteht
aus dem Bürgermeister, der notwendig besoldet ist, und einem Stellvertreter, erforder-
lichen Falls auch noch aus weiteren Ratsmitgliedern.10) Aber dieser Stadtrat ist nicht
mehr ein zweites Kollegium für sich. Sondern er hat die Natur einer Vorstandschafts-
behörde: der Bürgermeister vereinigt in sich alle Zuständigkeiten, und die übrigen.
Mitglieder sind nur seine Gehilfen und Stellvertreter. Als solche sind sie ihm dienstlich
untergeordnet.“!) Wenn hier alle Mitglieder des Rates der Disziplinargewalt des Amts-
hauptmanns, statt der des Kreishauptmanns, unterstellt sind, so kommt darin eine Rang-
verschiedenheit gegenüber den Städten mit Rev. St.-Ord. zum Ausdruck.
— Bei den Landgemeinder vertieft sich der Gegensatz. Der Gemeinde-
rat, der hier an der Spitze steht, setzt sich zusammen aus dem Gemeindevorstand.
(— Bürgermeister), einem oder mehreren Gemeindeältesten (— Stadträten) und.
einer Anzahl von Gemeindeausschußpersonen (— Stadtverordneten).“) Das.
Ortsstatut bestimmt das Nähere. Es hat namentlich die Zahl der unansässigen Ausschußper-
sonen zu bestimmen, die höchstens ein Viertel der Gesamtzahl betragen darf. Die ansässigen
Ausschußpersonen müssen die Mehrheit bilden. Die Ansässigen werden nach Umfang
des Grundbesitzes und Höhe der Staatssteuerleistung in Klassen geteilt, und das Statut
sagt, wie viele Ausschußpersonen aus jeder Klasse zu nehmen sind. Die Wahl erfolgt,
wenn das Ortsstatut nicht anders bestimmt, so, daß die Unansässigen die unansässigen
Ausschußmitglieder wählen, die Ansässigen die ansässigen, für jede Klasse die entsprechende
Zahl. Die Wählbarkeit steht jedem stimmberechtigten männlichen Gemeindemitgliede
zu, welches im Gemeindebezirke seinen Wohnsitz hat. Annahmepflicht wie bei den Stadt-
verordneten. Die Wahl geschieht auf 6 Jahre mit Drittelserneuerung alle 2 Jahre.“)
Der Gemeindevorstand und die Gemeindeältesten werden von dem Gemeinderate ge-
wählt.“") Der Gemeindevorstand ist die Ortsobrigkeit. Die Gemeindeältesten sind seine
38) Rev. St.-Ord. § 37 Abs. 2, 5 114 ff. Etwas ganz anderes sind die „gemeinsamen Sitzungen“
nach #& 111, in welchen nur gemeinsam beraten, aber getrennt abgestimmt wird.
39) Rev. St.-Ord. § 119.
40) St.-Ord. f. mittl. u. kl. St. § 1.
41) A. a. O. § 15; der Stadtgemeinderat kann einzelnen Ratsmitgliedern gewisse Geschäfte
besonders zuweisen, dann bleibt dem Bürgermeister hierüber die „Aufsicht“ (§ 15 Abs. 2). Auf-
sicht kann vielerlei bedeuten; hier wird die Art von Aufsicht gemeint sein, die auch nach Rev. St.=
Ord. 106 dem Bürgermeister gegenüber der Geschäftsführung seiner Ratskollegen zusteht.
42) L.G.-Ord. § 29.
43) L.G.-Ord. § 33 ff. Ungerechtfertigte Weigerung die Wahl anzunehmen, zieht auch hier-
Geldstrafen nach sich und zeitweiligen Verlust des Stimmrechts.
44) Dessen Mitglieder sie dann bilden; L.G.-Ord. s 57.