532. Die Gemeinden. 291
— das Recht, von der Vermögensverwaltung und Geschäftsführung der Gemeinde
Kenntnis zu nehmen und die Gemeindevorstandschaft zur Auskunft zu zwingen;)
— das Recht, die Gemeinde zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben
zu zwingen, indem sie nötigenfalls das Erforderliche auf Kosten der Gemeinde selbst vor-
nimmt und die Aufbringung der Mittel in den zur Deckung von Gemeindeausgaben
dienenden Formen veranlaßt;)
— das Genehmigungsrecht für eine Reihe besonders aufgezählter gemeind-
licher Beschlüsse, die nicht ausgeführt werden können, bevor diese Genehmigung aus-
gesprochen ist.“)
V. Die Räte der größeren Städte haben von jeher Angelegenheiten besorgt, welche der
sich kräftiger entfaltende Staat als die seinigen in Anspruch nahm, ohne sie ihnen deshalb.
zu entziehen; er fügte noch weitere hinzu. Bei den Landgemeinden ergab sich ein ähnliches
Verhältnis vornehmlich aus der Aufhebung der Patrimonialgerichtsbarkeit: der Staat über-
trug die ihm dadurch angefallenen Verwaltungsgeschäfte auf die Gemeindevorstände.
Daraus hat sich auch in Sachsen eine Verwaltung der Gemeinde-
behörden herausgebildet, die nicht Gemeindeverwaltung ist, Verwal-
tung nicht von eigenen Angelegenheiten der Gemeinde, sondern von Angelegenheiten
des Staates. Es ist das, was man mit einem nicht ganz zutreffenden Worte als den
übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde bezeichnet hat.
In diesem Sinne ist es gemeint, wenn Rev. St.-Ord. § 100 sagt: „Der Stadtrat ist
das örtliche Organ der Staats= und Bezirksverwaltung, soweit nicht andere Behörden
dazu bestimmt sind.“"“) Daß der Staat sich solcher Art der Beamten der Gemeinde bedient,
bedeutet für die Gemeinde eine ihr auferlegte Last, fremde Geschäfte besorgen zu lassen.
Diese Seite des Verhältnisses wird durch das Gesetz bestätigt, wenn es (§ 103) hinzufügt:
„Den durch die dem Stadtrate übertragene Geschäftsführung entstehenden Aufwand
hat die Stadtgemeinde zu bestreiten.“5)
Der sogenannte übertragene Wirkungkreis als solcher ist eigentlich nicht der Gemeinde
übertragen, sondern der Gemeindeobrigkeit, möglicherweise nur einer engeren Auswahl
daraus oder besonders zu bestellenden Beamten der Gemeinde.
Den wichtigsten Bestandteil bildet hier die Ortspolizei, die denn auch in allen
Gemeindeordnungen ausdrücklich hervorgehoben und geregelt wird.
Der Umfang der Ortspolizei ist nicht formell abgegrenzt. Sie umfaßt alle obrigkeit-
liche Tätigkeit zur Abwehr von Störungen der guten Ordnung des örtlichen Gemein-
wesens. Dahin wird aber jede Art von Polizei gerechnet werden können, die nicht be-
sonders ausgenommen und oberen Verwaltungsstufen oder eigens dafür geschaffenen
Behörden vorbehalten ist.“)
61) Rev. St.-Ord. §& 133; L.G.-Ord. 95.
62) Rev. St.-Ord. § 134; L. G.-Ord. § 96. Es in die überall anerkannte „Zwangseinschreibung“
in den Gemeindehaushaltsplan, die hier Platz greift.
63) Aufgezählt in Rev. St.-Ord. § 135, L.G.-Ord. § 97. Für einzelne Verwaltungszweige
sind noch besondere Genehmigungsvorbehalte gemacht, so z. B. auf dem Gebiete des Volksschul-
wesens (Ausf.-Verord. vom 25. Aug. 1874 § 40 Abs. 4).
64) Ebenso für ihre Gemeindeobrigkeiten St.-Ord. f. mittl. u. kl. St. & 11; L. G.-Ord. & 73.
65) Ebenso St.-Ord. f. mittl. u. kl. St. § 13; L.G.-Ord. § 75.
66) Leuthold, Verw.-R. s14, drückt das etwas allzu zart aus, wenn er meint: „die Unter-
scheidung zwischen Landes- und Ortspolizei läßt sich wenigstens in ihrer praktischen Gestaltung
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