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322 Anhang: Verfassungsurkunde 88 150 -154.
ein von den Ständen gewähltes sein muß, und umgekehrt. Auch ist zu einem solchen ander-
weiten Verspruche der Gerichtshof noch um zwei Mitglieder zu vermehren und daher
königlicherseits noch ein Mitglied eines höhern Gerichts außerordentlich zuzuordnen, stän-
discherseits aber einer der nach § 143 vorher bestimmten Stellvertreter einzuberufen.
Verfahren des Königs in Fällen der Anklage.
§ 150. Der König wird nicht nur die Untersuchung niemals hemmen, sondern auch
das ihm zustehende Begnadigungsrecht nie dahin ausdehnen, daß ein von dem Staats-
gerichtshofe in die Entfernung vom Amte verurteilter Staatsdiener in seiner bisherigen
Stelle gelassen, oder in einem andern Justiz= oder Staatsverwaltungsamte angestellt
werde, dafern nicht in Rücksicht der Wiederanstellung das Erkenntnis einen ausdrücklichen
Vorbehalt zugunsten des Verurteilten enthält.
Resignation des Angeklagten.
8 151. Die Resignation des Angeklagten hat auf das gegen ihn eingeleitete Verfahren
und den Urteilsspruch keinen Einfluß.
5. Anträge auf Abänderung oder Erläuterung der Verfassungsurkunde, oder auf Zusätze zu selbiger.
§ 152. Anträge auf Abänderungen oder Erläuterungen in den Bestimmungen der
Verfassungsurkunde, oder auf Zusätze zu derselben, können sowohl von dem Könige an
die Stände, als von den Ständen an den König gebracht werden.
Zu einem gültigen Beschlusse in dieser Angelegenheit wird die Übereinstimmung
beider Kammern, und in jeder Kammer die Anwesenheit von drei Vierteilen der ver-
fassungsmäßigen Zahl der Mitglieder, sowie eine Stimmenmehrheit von zwei Dritteilen
der Anwesenden erfordert; auch kann von den Ständen ein solcher Antrag nicht eher an den
König gebracht werden, als bis in zwei ordentlichen, unmittelbar aufeinander folgenden
Ständeversammlungen deshalb übereinstimmende Beschlüsse gefaßt worden sind. Bei
dem ersten nach Publikation der Verfassungsurkunde zu haltenden Landtage kann aber eine
Abänderung oder Erläuterung der Verfassung, oder ein Zusatz zu selbiger in der Stände-
versammlung weder beantragt, noch beschlossen werden.
6. Erledigung zweifelhafter Punkte in der Verfassungsurkunde.
§ 153. Wenn über die Auslegung einzelner Punkte der Verfassungsurkunde Zweifel
entsteht, und derselbe nicht durch Ubereinkunft zwischen der Regierung und den Ständen
beseitigt werden kann, so sollen die für und wider streitenden Gründe sowohl von seiten
der Regierung, als der Stände, dem Staatsgerichtshofe zur Entscheidung vorgelegt werden.
Zu diesem Behufe ist von jedem Teile eine Deduktion dem Gerichtshofe zu übergeben,
solche gegenseitig mitzuteilen und in einer zweiten Schrift zu beantworten, so daß jedem
Teile zwei Schriften freistehen. Bei der Entscheidung gibt im Falle der Stimmengleichheit
die Stimme des Präsidenten den Ausschlag.
Der hierauf erteilte Ausspruch soll als authentische Interpretation angesehen und be-
folgt werden.
7. Aufhebung der mit der Verfassungsurkunde in Widerspruch stehenden Gesetze, Verordnungen
und Observanzen.
§ 154. Alle Gesetze, Verordnungen und Observanzen, welche mit einer ausdrück-
lichen Bestimmung der gegenwärtigen Verfassungsurkunde im Widerspruche stehen, sind
insoweit ungültig.
Indem Wir die vorstehenden Bestimmungen für das Staatsgrundgesetz Unseres
Königreichs hiermit erklären, erteilen Wir zugleich, bei Unserm Fürstlichen Worte, die
Versicherung, daß Wir nicht nur die darin enthaltenen Zusagen selbst genau erfüllen,
sondern auch diese Verfassung gegen alle Eingriffe und Verletzungen kräftigst schützen wollen.
Zu dessen Urkund haben Wir gegenwärtiges Staatsgrundgesetz eigenhändig unter-
schrieben und mit Unserm Königlichen Siegel versehen lassen. .
So geschehen und gegeben zu Dresden am Vierten September, im Jahre nach
Christi, Unsers Erlösers und Seligmachers Geburt, Ein Tausend Acht Hundert und Ein
und Dreißig.
Anton.
Friedrich August, H. z. S.
(L. S.)
Gottlob Adolf Ernst Nostitz und Jänckendorf.
D. Johann Daniel Merbach.