Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

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26 Erster Abschnitt: Grundlagen des Staatswesens. 8 
  
Rechten der Krone“ im Sinne der Verf.-Urk. # 2, die als solche der Zustimmung der Stände 
bedürfte. 19) 
2. Vermöge der Zugehörigkeit Sachsens zum Deutschen Reich unterliegt seine Gebiets- 
hoheit bundesrechtlichen Beschränkungen. Die Einwirkungen der Reichs- 
gewalt selbst würde besser nicht als solche aufzufassen sein; denn die Reichsgewalt ist für 
Sachsen keine fremde, sondern eine ihm mit den Bundesgenossen gemeinsame. Aber 
durch die Vermittlung der Reichsgesetzgebung sind in weiterem Maße auch obrigkeit- 
liche Anordnungen dieser anderen Bundesstaaten für das sächische 
Gebiet wirksam und verbindlich gemacht worden. Das preußische Urteil wird hier un- 
mittelbar vollstreckt, der badische Bezirksamtmann weist den Nichtdeutschen auch aus säch- 
sischem Gebiet aus, die in Oldenburg erteilte gewerbepolizeiliche Erlaubnis kann auch hier 
angerufen werden. 20) Alles dieses ist gegenüber der Verfassung gedeckt durch die einmal 
erteilte Zustimmung der Stände zum Eintritt in den Norddeutschen Bund. 
§ 7. Die Staatsangehörigen. Das Volk ist die sich natürlich erneuernde Menschen- 
gemeinschaft, für welche der Staat da ist. Es ist eine dauernde geschichtliche Größe, die 
nicht schlechthin zusammenfällt mit der Masse der einzelnen, in welcher sie sich in jedem 
Augenblick darstellt. Für die einzelnen äußert sich aber die Zugehörigkeit zu dieser Masse 
in besonderen Rechtsbeziehungen, die ihnen in der staatlichen Ordnung zukommen. Und 
so wird es wichtig, die rechtlichen Merkmale zu bezeichnen, nach welchen sich diese Zu- 
gehörigkeit bestimmt. Das Recht der Volksangehörigkeit ist zugleich das Recht der Staats- 
angehörigkeit. 
I. Die Verf.-Urk. bedient sich nicht dieses Ausdruckes. Sie bezeichnet das Verhältnis nach 
Maßgabe von älteren Anschauungen. Der sich herausbildende Fürstenstaat hatte die 
Menschen wesentlich unter dem Gesichtspunkte betrachtet, daß sie mögliche Gegenstände 
seiner Staatsgewalt seien. Da aber der Umfang der Wirksamkeit der Staatsgewalt sich 
nach dem Gebiet bestimmt, so treten auch die Menschen in Beziehung zur Staatsgewalt 
durch ihre Anwesenheit auf dem Gebiet. Diese Anwesenheit kann eine zufällige, vor- 
übergehende, ungesicherte sein, ein bloßer Aufenthalt (subditi temporarü). Und sie kann 
andererseits einen dauernden Zusammenhang mit dem Gebiete, eine Gebietszu- 
gehörigkeit bedeuten, erworben durch Geburt und Heranwachsen im Lande oder 
durch nachträgliche Niederlassung (subditi perpetui). Nur diese letzteren, die Inländer, 
Eingeborenen, Einwohner sind die rechten Untertanen.#) Sie bilden die Kraft 
des Staates und sind Gegenstand seiner Pflege. Daß auch die sich bei uns zeigenden 
Ausländer Rechtsschutz erhalten und sonst mancherlei Vorteil mitgenießen dürfen, das ist 
eine besondere Gewährung, die ihnen zuteil wird. Der Staat tut das auch weniger um 
ihretwillen, als wegen des daran hängenden Vorteils seiner Untertanen. 
19) Tatsächlich pflegt diese nicht eingeholt zu werden; der soeben erwähnte Vertrag vom 
27. Nov. 1898 ist z. B. durch einfache Ministerialverordnung bekannt gemacht werden. Vgl. dic 
deshalb von Opitz, Staats-R. I S. 76 Note 6 erhobenen Bedenken. 
20) Eine systematische Darstellung dieser Verhältnisse gibt Haenel, Deutsches Staats-R., 
I S. 878 ff., unter der Uberschrift „Die zwischenstaatliche Rechts= und Verwaltungshülfe“. 
1) Weiße, Sächs. Staats-R. 1 S. 88: „Nicht alle Untertanen haben diejenigen Rechte, 
welche in dem Indigenate begriffen sind, indem dieser nur durch den wesentlichen Aufenthalt 
der Eltern oder durch eigene Niederlassung in dem Lande erworben wird.“ Diese Auffassung 
ist namentlich festgelegt in dem Mandate, das Kartell mit Sachsen-Weimar betr. v. 24. Mai 1745, 
XIII: „Damit auch über die Qualität eines Landeskindes kein Streit entsteht, so ist diesfalls nicht 
sowohl auf den Ort der Geburt als vielmehr auf das Domizilium zu sehen.“
	        
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