58 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. 89.
der gleichen Weise.?“) Soweit dann das Erstgeburtsrecht Vereinheitlichung gebracht hat,
erstreckt sich diese auch auf den Erwerb der letzteren Art. Demgemäß wird alles, was
dem Albertinischen Hause aus den jemals von ihm abgeschlossenen Erbverbrüderungen
zufallen mag, einfach und geradenwegs an den König von Sachsen kommen. Dagegen
ist durch Fortsetzung der Erbteilungen das Ernestinische Haus in eine Mehrzahl selb-
ständiger Häuser gespalten, unter welchen ein Vorrang nach Erstgeburtsrecht nicht besteht.
Würde also heute die Erbverbrüderung zugunsten der Ernestiner wirksam werden, so wären
die Häupter dieser Häuser miteinander berufen, folglich erhielte das Königreich Sachsen
von dieser Seite nicht den einen „berechtigten Prinzen“, den Verf.-Urk. §7 aus der
Erbverbrüderung zulassen will.25) Denkbar wäre es, daß vor Eintritt eines solchen Falles
durch Erlöschen aller Ernestinischen Linien bis auf eine die notwendige Einheitlichkeit
sich ergäbe, oder daß das Ernestinische Gesamthaus sich in angemessener Weise dafür ge-
ordnet hätte; aber selbstverständlich sind das sehr zweifelhafte Aussichten, und die Sache läuft
in Wirklichkeit darauf hinaus, daß mit dieser Erbverbrüderung kaum zu rechnen sein wird.
Ahnlichen Schwierigkeiten würde auch der Vollzug der Hessischen Erbverbrüderung
begegnen; auch hier würde man verschiedenen Linien gegenüberstehen, die nebeneinander
berufen wären. Umgekehrt würde ja, da die Hessische Verfassung Art. 3 die Unteilbarkeit
gleichfalls betont, auch für das Königlich Sächsische Haus nur dann die Aussicht auf eine
wirksame Berufung zur dortigen Thronfolge sich eröffnen, wenn erst einmal die sämt-
lichen Ernestinischen Linien erloschen wären.25)
Man hat diesen Bedenken gern nur eine Art aufschiebender Wirkung zugesprochen,
indem man darauf verwies, daß gegebenen Falls durch ein Verfassungsgesetz erst noch
die erforderlichen Bestimmungen getroffen werden müßten, um die Erbverbrüderung
wirksam zu machen.:7) Sicherlich könnte man das; auf diese Weise könnte man auch die
24) Ein hübsches Beispiel bietet das Schicksal der gefürsteten Grafschaft Henneberg, deren
Fürst 1554 eine Erbverbrüderung mit dem teilungslustigen Ernestinischen Hause einging. Bald
nachher ließ sich aber auch der Albertiner Kurfürst August fünf Zwölftel des Landes zusichern.
Von 1583 bis 1660 verwalteten die Erben das Land dann gemeinsam; 1660 wurde geteilt; die
Ernestiner zerlegten dabei ihre sieben Zwölftel wieder in Kopfteile (Lünig, Reichsarchiv, Pars
spec., Abt. IV, Abs. 2, S. 187). Das Ergebnis war nach v. Römer, Staats-R. u. Statistik
1 S. 60 daß „die gefürstete Grafschaft Henneberg dermalen sieben Herren hat“".
25) De jure ginge es ihm wie weiland Henneberg:; vgl. vorige Note. Es ist sehr wohl gemeint,
wenn man der Ordnung halber die Ernestinischen Häuser in eine gewisse Rangfolge bringt, nach
der sie berufen werden sollen. So Opitz, Staats-R. 1 S. 136. Er zieht zu diesem Zwecke
allerdings nachträglich den Rechtstitel des „Geblütsrechts-“ heran, mit dessen Hilfe offenbar eine
Art Primogeniturordnung auch zwischen diesen Häusern hergestellt werden soll. Aber diese Ord-
nung steht nicht in der Erbverbrüderung, die auf alle lautet, sondern in unserer Verfassung,
die damit für die Erbverbrüderung nichts bestimmt;: dieser gegenüber sagt sie gegebenen Falles
nur: du giltst diesmal nicht, weil du teilst. Richtig Loening, Die Erbverbrüderungen S. 84
Note 214. — Schon Moser, Teutsches Staatsrecht Bd. 15 S. 285, 286, äußert solche Be-
denken wegen der Durchführbarkeit der sächsischen Erbverbrüderung: die Gebundenheit des al-
bertinischen Gesetzes besteht damals schon, also kann nur Einer berufen sein; ob der aber kraft der
Erbverbrüderung berufen ist nach Primogenitur oder als proximus gradu. das, meint er, „ist so“
ausgemacht nicht"“.
26) Weiß, System des öff. R. des Großherzogtums Hessen 1 S. 215 Note 2, hilft dadurch,
daß er für die Berufung zur Thronfolge in Hessen die Sächsischen Häuser in eine Primogenitur-
ordnung zwingt, wobei er allerdings Svoranstellt: „1. die erstgeborene (!) Albertinische Linie des
Hauses Wettin, also das Königreich Sachsen“. — Für Burhelen hat seinerzeit Murhard,
Grundlagen des Staatsrechts des Kurfürstentum Hessen 1 S. 149, die sächsische Erbrerbrüderung
für bedenklich erklärt wegen der kurhessischen Unteilbarkeit.
27) So Locning, Erbverbrüderung S S. 84: „Diese Lücke (daß die Individualsukzession nicht
gesichert ist) kann natürlich nicht durch einc einseitige Ubereinkunft der Mitglieder des erbverbrü-
derten Hauses ausgefüllt werden, sondern nur durch ein verfassungsmäßiges (verfassungergän-