e Staatsgut und Kronrente. 79
vermögen des Königs, beides durch Rechtsbestimmungen deutlich umschrieben. Ein-
begriffen ist dagegen, was bisher die Stände besaßen, ihr Gebäude und ihre Kasse.“)
Was einer Erläuterung bedarf, das ist nur die juristische Ausdrucksform,
in welche das, was hier tatsächlich vorging, gebracht wird.
Das Staatsgut war bisher schon behandelt worden, als wäre es das Eigentum einer
besonderen juristischen Person, die mit den Untertanen auf gleichem Boden verhandelte
und namentlich auch vor den Gerichten in solcher Weise zu erscheinen pflegte, aber dem
Staatszwecke diente: des königlichen Fiskus. Da für den König ihm gegenüber
eine Rechtsschranke nicht bestand, so war er in Wahrheit nur ein Name für den König,
nach dieser Seite seiner staatlichen Wirksamkeit betrachtet. Ebensowenig ist zwischen die
Stände und ihre Steuerkasse und ihr Landhaus eine wirkliche juristische Person je trennend
eingeschoben gewesen.5)
Nunmehr erscheint denn der neue Staats fiskus und übernimmt diese Ver-
mögensmassen in ihrer Gesamtheit, namentlich auch die Schulden, die auf den königlichen
wie die auf den ständischen Kassen lasteten. Die Verfassungsurkunde hat diese Nachfolge
nur gegenüber dem königlichen Fiskus ausdrücklich geordnet, in § 16 wegen der Aktiva,
in § 19 wegen der Passiva, letzteres mit dem beruhigenden Schluß in Abs. 2;: „die Rechte
der Gläubiger bleiben unverletzt"“.
Aber wer ist dieser Nachfolger? Die Verf.-Urk. nennt ihn nicht Staatsfiskus. In
5 19 wiederholt sie zunächst das entsprechende Stück aus dem Aktivum: „Alle Be-
stände, Forderungen und Ansprüche des königlichen Fiskus gehen
auf die allgemeinen Staatskassen über.“ Um daran anzuknüpfen:
„dagegen werden die auf ersterem haftenden Schulden und An-
sprüche aller Art von letzteren zu alleiniger Vertretung über-
4) Das Ständegut ist in der Verf.-Urk. gar nicht erwähnt; es versteht sich von selbst, daß es
Staatsgut wird. Im übrigen ist die Abgrenzungsformel des § 16 Verf.-Urk. erschöpfend. Sie
ist nur in ihrer Klarheit etwas beeinträchtigt worden durch die darauf folgenden Bestimmungen
über Benutzungsrecht und Veräußerungsverbot, die einen engeren Kreis von Vermögensgegen-
ständen im Auge haben, wie wir noch sehen werden. Opitz, Staats-R. 1 S. 195 ff., will deshalb
sogar die Domänen vom Staatsgut doch wieder ausscheiden; vgl. unten Note 7. Löbe aber,
Staatshaushalt S. 96, in dem berechtigten Bestreben, das Veräußerungsverbot nicht allzuweit
ehen zu lassen, stellt neben das Staatsgut des § 16 noch ein besonderes „Verwaltungsguté“.
## soll in sich alles begreifen, „was der Staat im Gegensatz zur Krone besfitzt und er-
wirbt“. Einen solchen Gegensatz gibt es nicht.
5) Löbe, Staatshaushalt g 105, arbeitet hier besonders stark mit der bei der Schule so
beliebten juristischen Person. Nach ihm bestand ursprünglich nur ein „landesherrlicher Fiskus“.
Seit die Landstände, vom Jahre 1570 ab, die Erhebung und Verwendung der von ihnen bewilligten
Steuern vornahmen, „trat neben den landesherrlichen Fiskus noch eine zweite juristische Persönlich=
keit in die Erscheinung“; man nannte sie das „Steuerärar“. Dazu kam seit 1635 noch eine ähnliche
juristische Person für die Oberlausitz besonders, das „oberlausitzer Steuerärar“. Infolge der Ein-
führung der Verfassung gingen nun alle drei in den „Staatsfiskus“ auf. — Das ist offenbar nicht
die Anschauung der Verf.-Urk. & 19. Aber wenn man doch einmal in sächsischen Dingen die Sprache
der Quiriten reden will — sind das aerarium populi Romani und der fiscus Caesaris wirklich ju-
ristische Personen gewesen Mommsen, Röm. Staats-R. II S. 545 f., S. 978 f., verneint
es. Milhauser, Staats-R. 1 S. 99, denkt weit eher im Geiste des römischen Rechtes, wenn
er sagt: Staatsgut sei Eigentum des Königs, „im Gegensatz zum Volksvermögen, aus welchem
die Steuern sich herleiten“, und dazu bemerkt: „Diese sind nie zum Eigentum der deutschen Re-
genten gerechnet worden, weil sie stets auf besonderer Bewilligung der Stände beruhen.“ Fiskus,
das ist in Wirklichkeit der Caesar, auf Deutsch der König, aerarium. das ist der populus Romanus,
auf Deutsch die Stände, das Land, oder in der moderneren Fassung Milhausers das Volk.— Schre-
ber, von Cammergütern S. 17, hat aber schon 1754 gesagt: für Fiskus und Ararium im römischen
Sinn bestehe bei uns doch „eine große Ungleichheit“ wegen Verschiedenheit der Verfassung.