Full text: Das öffentliche Recht der Gegenwart. Band IX. Das Staatsrecht des Königreichs Sachsen. (9)

86 Zweiter Abschnitt: Der König und das Königliche Haus. o 1 1. 
  
großem Umfange bewilligt worden.18) Man hat sich mit Recht nicht an der juristischen 
Formel gestoßen, wonach diese Neuanschaffungen nicht dem Staate, sondern dem königlichen 
Hause zu Eigentum zufielen. 
II. „Der König bezieht jährlich eine mit den Ständen, auf 
die Dauer seiner Regierung verabschiedete Summe aus den 
Staatskassen, als Civilliste, zu seiner freien Disposition 
in monatlichen Raten im voraus zahlbar“ (Verf.-Urk. 5+22 Abf. 1). 
Die dem König aus der Staatskasse zu zahlende Rente hat ihren sonderbaren Namen 
erhalten in Nachahmung einer Terminologie der schrullenreichen englischen Staatsrechts- 
sprache19); wir nennen sie fortan einfach Kronrente. 
Die rechtliche Natur dieser Rente ist selbstverständlich nicht zu denken als die einer 
Art von Gehalt des Königs; der König ist kein Beamter. Die Verf.-Urk. scheint aber 
darauf Gewicht gelegt zu haben, daß einer solchen Auffassung von vornherein ein Riegel 
vorgeschoben werde. Darum betont sie in Abs. 2 des §#22 unnötigerweise eine andere, 
allerdings genügend weit davon abweichende: „Diese Summe ist als Aquiva- 
lent für die den Staatskassen, auf die jedesmalige Dauer 
der Regierungszeit des Königs, überwiesenen Nutzungen 
des Königlichen Domänengutes zu betrachten.“ Aber auch diese 
Rechtskonstruktion ist unrichtig. Die Kammergüter und ihre Nutzungen sind ja gar nicht 
nur je auf Regierungszeit überwiesen, sondern schlechthin; die „Dauer der Regierungszeit"“ 
ist mur behufs eines äußerlichen Gleichklangs mit der nach Abs. 1 für die gleiche Dauer zu 
bestimmenden Kronrente hereingebracht. Auch ist die Kronrente von Anfang an nicht 
nach dem Maßstabe eines solchen Aquivalents beansprucht und festgestellt worden. Damit 
wäre auch nichts anzufangen gewesen. Denn, wollte man ausgehen von den Einkünften 
des Königs, die ihm vor der Verfassung zugestanden hatten, unabhängig von der Be- 
willigung und Zweckbestimmung durch die Stände, und ihm dafür einen Ersatz sichern, 
so hätten dazu wohl die Erträgnisse der Kammergüter gehört, aber auch noch vieles andere. 
Nun wurde die erste Kronrente auf 500 000 Taler festgesetzt, obendrein mit Inaussicht- 
nahme einer künftigen Verminderung, und die Regierung hatte ihrerseits auch nur 640 000 
Taler verlangt, obwohl nachgewiesen war, daß die dem König zur Verfügung stehenden 
landesherrlichen Regalien 966 942 Taler 16 Gr. jährlich brachten und die Domanialein- 
künfte 754 310 Taler jährlich. Diese Summe stimmte also in keiner Weise weder zu dem 
Bewilligten, noch zu dem Geforderten.20) Und sie konnte nicht stimmen; denn jene Ein- 
künfte des Königs dienten ja eben ununterschieden für Staatszwecke und für seine Privat- 
bedürfnisse, während die neue Zivilliste für diese letzteren allein verwendet werden sollte. 
Worauf es also ankam, das war vielmehr das Verhältnis zwischen den beiden Verwen- 
dungsarten ; dieses war festzustellen nach dem bisher Geübten und zur Grundlage 
zu machen für die Neuordnung. So ist die Regierung verfahren bei ihren Vorschlägen, 
  
18) Löbe, Staatshaushalt S. 19, S. 114 ff., gibt das Nähere über diese Verwaltung: 
in der 1. Aufl., S. 211 berechnet er, daß an Zuschüssen für die Sammlungen des Hausfidei- 
kommisses die Staatskasse von 1834 bis 1885 im ganzen 8955 962 M. geleistet hat. 
19) Hatschek, Engl. Staats-R. 1 S. 646. 
20) Wegen der Zahlen: Landt.-Akten 1830 Bd. III S. 1443 ff.; Löbe, Staatshaushalt 
S. 118. Die Regierung hatte auch nachdrücklich darauf hingewiesen, „wie sehr die von ihr geforderte 
Summe von den abzutretenden Erträgnissen überstiegen würde.“ Landt.-Akten 1831 Bd. III 
S. 1375.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.