88 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
Die Verwaltungsrechtsquelle: körperschaftliche Satzung er-
scheint dann in dem Akte, durch welchen der Selbstgesetzgebungs-
berechtigte von seinem Rechte Gebrauch machen will. Daß er nicht
namens des Staates ergeht, sondern aus eigenem Rechte des Ver-
bandes, macht den Unterschied von der Verordnung aus und hat
namentlich eine größere Unabhängigkeit des Erlassenden zur Folge
gegenüber oberen Behörden. Sonst steht die körperschaftliche
Satzung der Verordnung gleich. Der Selbstverwaltungskörper fügt
auch gern seiner Satzung, wie der Staat seiner Verordnung, noch
andere Bestimmungen bei, die keine Rechtssätze sind, sondern
Verwaltungsvorschriften im obigen Sinne (Dienstanweisungen
für seine Beamten, Ordnungen für den Betrieb der Gemeinde-
anstalten)®.
Das wird dann wohl alles unterschiedslos oder mit einer gewissen
Auswahl in den zu Gebote stehenden örtlichen Blättern bekannt
gemacht, von Zeit zu Zeit auch in einer amtlichen Sammlung
vereinigt. Wenn es darauf ankommt, müssen wir immer wieder
die Scheidung vornehmen können nach dem Maßstab unserer festen
Begriffe 1°.
bindliche Rechtsnormen aufzustellen“; Il S. 11: „Rechtsverbindliche Anord-
nungen von Rechtssätzen seitens der Gemeinden und anderer öffentlichrecht-
licher Verbände ... können auch Gesetze im materiellen Sinne des Wortes
sein, wenn ihnen der Staat eine solche Befugnis delegiert hat“. Richtig auch
Stier-Somlo, Einwirkung S.147. Rosin, Arbeiter-Vers. I S. 102, unterscheidet
von der Satzung als der „autonomen Betätigung der eigenen Verbandspersönlich-
keit, welche vom Gesetz zwar anerkannt, aber nicht verliehen ist“, Erweiterungen
der Satzungsgewalt über ihren natürlichen Herrschaftsbereich hinaus, die durch
einzelne Reichsgesetze geschehen sind; das Letztere nennt er „wahre Dele-
gationen der gesetzgebenden Reichsgewalt“. Rechtssätze gibt nach uns nur
dieses. Rosin steht bier unter Gierkes Einfluß, für welchen Autonomie
als Fähigkeit, in gewissem Umfange Rechtssätze zu schaffen, jedem Verbande
von Natur zusteht: Deutsch. Pr. R. IS. 142, 148. So auch Fleiner, Inst. S. 72:
die Autonomie ist „eine vom Staate unabhängige Rechtsquelle“. Das aber
bestreite ich. Mir scheint, daß hier ein Zusammenwerfen zweier verschiedener
Dinge vorliegt; vgl. unten Note 11.
® Jebens in Pr. Verw.Bl. XXI S. 330 ff., weist darauf bin, daß auch die
Preuß. Kr.Ord. und die Prov.Ord. unterscheiden: „Besondere statutarische An-
ordnungen“ und „Reglements über besondere Einrichtungen“ des Verbandes;
letztere sind nur „Direktiven für die leitenden Gemeindeorgane“.
09 Als Leipziger Stadtverordneter besitzt man zur Zeit fünf Bände
„Sammlung der Ortsgesetze der Stadt Leipzig“. Die rechtliche Natur der darin
enthaltenen Vorschriften läßt an Mannigfaltigkeiten nichts zu wünschen übrig.
— Die Unterscheidung wird vor allem unter dem Gesichtspunkt wichtig, daß
alles, was Rechtssatz sein soll, an das „formelle Publikationsprinzip“ gebunden