98 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
zuständigkeit, für ungültig erklären und ihn dadurch nichtig
machen oder ihm wenigstens für ihren bestimmten Bereich die
Beachtung versagen, als bestände er nicht. Die Ungültigkeit be-
deutet also hier eine bloße Vernichtbarkeit’”.,
Hierin erweist sich wieder die grundsätzliche Verschiedenheit
des Rechtswertes der Willenserklärungen der Obrigkeit von dem
der Rechtsgeschäfte der Einzelnen. Die letzteren sind wirkungslos,
wenn sie nicht ihre Rechtmäßigkeit nachweisen. Die Obrigkeit
aber, wenn sie innerhalb ihrer allgemeinen Zuständigkeit bestimmt,
bezeugt damit zugleich, daß die besonderen Voraussetzungen
für die Gültigkeit ihres Aktes gegeben sind. Diese Selbst-
bezeugung und damit die Wirksamkeit des Aktes kann nur
überwunden werden durch eine stärkere Zuständigkeit ®.
3. Der Verwaltungsakt kann, auch ohne ungültig zu sein,
aufgehoben, abgeändert oder sonst beeinträchtigt werden durch
neue Verwaltungsakte. So lange nichts dergleichen über ihn ge-
kommen ist, übt er die bindende Kraft des obrigkeit-
lichen Einzelaktes, wie das rechtskräftige Urteil. Er be-
stınmt für den, über welchen er ergeht, was dieser soll und
darf. Aber nicht bloß für ihn: die bindende Kraft ist hier zwei-
seitig wie beim Rechtssatz (vgl. oben S. 76). Dem was über den
betroffenen Untertanen bestimmt wird, entspricht eine rechtliche
Gebundenheit der vollziehenden Gewalt in allem, was sie in
eadem re gegen eandem peısonam vornehmen wird, Gebundenheit
nach den Regeln der Vollziehung. Ihre weiteren Verwaltungsakte
müssen fortbauen auf der von dem ersten gegebenen Grundlage,
und vor allem ihre Tat muß sich nach diesem richten. Die so
? Hellwig, Z.Pr.R. U S. 78f., 83: „Bis dahin behält die vernichtbare
Entscheidung ihre Kraft“. Die nachprüfende und ungültig erklärende Behörde
kann auch die sein, die selbst den Akt erlassen hat. Kormann, Rechts-
geschäftl. Staatsakte S. 209, spricht bei jeder Ungültigerklärung von „Anfechtung“,
was in dem eben erwähnten Fall zu dem wenig geeigneten Ausdruck „Sellst-
anfechtung“ führt.
8 Laband, St.R. 1. Aufl. 1 S. 43, hat diesen Gedanken zuerst bezüglich
der Ausfertigung des Reichsgesetzes entwickelt. In der 5. Aufl., II S. 105,
läßt er ihn auch für die Verordnung gelten. Er ist aber immer noch zu eng
gefaßt, wenn er nur auf den Ausschluß des „richterlichen Prüfungsrechtes“
zugespitzt wird. Ausschluß des „Prüfungsrechtes“ für jeden, dem nicht eine
besondere Zuständigkeit in dieser Hinsicht verliehen ist, muß die richtige
Formel sein. Das trifft auch für Urteile und Verwaltungsakte zu. Fleiner,
Instit. S. 199, rechtfertigt diese Einrichtung durch „Verkehrsrücksichten“. Folge-
richtige Durchführung eines Rechtsgedankens dient allerdings meist auch der
Sicherheit des Verkehrs.