Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

8 10. Öffentliche Rechte. 107 
Soll ein so gestalteter Begriff auch auf dem Boden der 
öffentlichen Rechtsordnung sich verwirklichen, so wird er 
sofort vor eine große Frage gestellt. Denn hier handelt es sich 
um Verhältnisse, bei welchen die öffentliche Gewalt selbst 
beteiligt ist und damit die rechtlich überwiegende Macht des 
namens des Staates geäußerten Willens (oben $ 2, II). Also ist 
hier ein Recht nur insoweit denkbar, als es selber diese alles 
überwiegende Willensmacht in sich begreift; es kann weder im 
Widerspruch mit ihr stehen, noch an ihr vorbeigehen. Aus- 
geschlossen ist es nicht, daß die Ordnung unseres Verfassungs- 
und Rechtsstaates der öffentlichen Gewalt auch solche rechtliche 
Bestimmtheiten gebe. Aber die öffentlichen Rechte, die wir suchen, 
müßten sich demnach darstellen als Macht über ein Stück 
öffentlicher Gewalt, dem Berechtigten durch die 
Rechtsordnung zugeteilt um seines Vorteils willen. 
Es ist klar, daß die Frage für die zwei Rechtssubjekte, die 
sich in der Verwaltung gegenüberstehen, Staat und Untertan, von 
vorneherein sehr verschieden liegt. 
I. Von Rechten des Staates ist ungemein viel die Rede. 
Die Lehrbücher wimmeln davon. Das ist die Art, wie sie die 
Machtfülle dieses Rechtssubjektes zum Ausdruck bringen wollen. 
Allein ein richtiges Verständnis der rechtlichen Allmacht des 
Staates wird in ihr eher ein Hindernis sehen für solche Aufzählung 
in Scheidemünze. Das subjektive Recht ist immer etwas Be- 
grenztes; beim Staat aber schlägt das dahinter stehende Un- 
begrenzte immer durch. Das wird nicht anders dadurch, daß 
man seiner Einzelerscheinung den Namen eines Rechtes beilegt?. 
darf es immer noch eines für diese genügend starken Willens, der von der 
Person ausgeht vder ihr zugerechnet wird. Das genügt, um ihn im Mittel- 
punkte unseres Begriffs zu behalten: Regelsberger, Pand. I S. 76; Wind- 
scheid-Kipp, Pand. I S. 156; Merkel, Enzykl. $ 174. Für das öffentliche 
Recht insbesondere: Bernatzik im Arch. f. öff. R. V S. 203; Jellinek, 
Subj. öffentl. R. S. 44. 
2 Wenn Loening, in Verw. Arch. V S. 12ff., und Jellinek, Subj. öff. R. 
S. 195 Note 1, wegen meiner Bedenken gegen die Annahme subjektiver Rechte 
des Staates sich darüber ereifern, daß ich zwischen diesem und den Unter- 
tanen nur „die nackte Tatsache der Macht“ bestehen ließe, so ist das doch eine 
recht starke Verkennung der Sachlage. Vgl. Arch. f.öff. R. XXI S. 39 Note 56. 
Aber die Macht der Phrase ist groß: auch Kuttner, Urteilswirkungen S. 244 
Note 23, S. 245, 246 Note 25, stimmt jetzt wieder in jene Klagen ein. — v. Tuhr, 
Bürg.R.1S.54 Note2 meint freilich: „eine Rechtsordnung ohne subjektive Rechte 
können wir ung schwer vorstellen“. Aber „wir“, das sind eben die Zivilisten.
	        
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