Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

$ 10. Öffentliche Rechte. 111 
Die Verfassungen selbst sind ja bestrebt, sie als Rechte der Unter- 
tanen zu betonen. In der Tat handelt es sich hier um Vorteile, 
welche die Rechtsordnung diesen zuzusichern gedenkt. Sie sind 
sogar imstande, für den Einzelfall darauf zu verzichten und dadurch 
Verwaltungsakte auf Unterwerfung möglich zu machen (vgl. oben 
89, IIn.]). 
Gleichwohl wird zu sagen sein, daß ein Recht im richtigen 
Sinne des Begriffes hier nicht vorliegt: es fehlt die einem solchen 
eigentümliche bestimmte Willensmacht. Was der Einzelne ohne- 
dies an Kräften, Vorteilen und Rechten hat, das wird durch jene 
schützenden Verfassungsbestimmungen nicht anders. Das neue 
Recht, was durch sie hinzukäme, müßte eine Willensmacht bedeuten 
über ein Stück Öffentlicher Gewalt, soweit sie nämlich als Eingriff in 
den geschützten Kreis erscheinen könnte, und in dem Sinne, daß sie 
hier nicht erscheinen soll. Die Öffentliche Gewalt aber ist 
ein Gegenstand eigener Art: sie ist ganz und gar Wirkungskraft. 
Willensmacht über eine Erscheinung der öffentlichen Gewalt, die 
überhaupt nicht stattfinden soll, hätte keinen Gegenstand’. 
Das schließt nicht aus, daß an eine Verletzung des „Freiheits- 
rechtes“ allerlei wirkliche Rechte des Verletzten sich knüpfen: 
Beschwerderecht, Klagerecht, Schadensersatzforderung, Recht auf 
Wiederherstellung. Das sind Dinge für sich !°. 
2. Wahre öffentliche Rechte beginnen erst mit den den 
Einzelnen eingeräumten Mitwirkungsrechten. Wenn die 
Geschäfte des Staates durch die dazu Berufenen geführt werden, 
so geschieht das zu seinem Vorteil, für das öffentliche Wohl. 
Damit wird sich aber in weitem Maße eine Berücksichtigung der 
° Labands nachdrücklicher Spruch (St.R. I S. 151): „Sie sind keine 
Rechte, denn sie haben kein Objekt“, trifft damit zusammen. Der dafür ge- 
brauchte Ausdruck „Reflexrecht“ will sagen, daß etwas wegen des von außen 
darauf fallenden Lichtes wie ein Recht aussieht, aber kein Recht ist (Fleiner, 
Inst. S. 163). 
10 Wenn Preuß. L.V.G. $ 127 gegen den polizeilichen Übergriff eine An- 
fechtungsklage gibt mit dem Anspruch auf Einschreiten des Verwaltungsgerichts 
gegen die Störung, so ist Jellinek, Subj. öff. R. S. 106, zuzustimmen, daß 
dieser durch Rechtsmittel zu verfolgende Anspruch kein bloßes Reflexrecht 
sein könne. Uinzutreffend ist aber die Folgerung, daß deshalb auch der ge- 
störte „negative Status“, wie er es nennt, also das sogenannte Freiheitsrecht, 
dessen Verletzung jenen Anspruch erzeugte „sich wesentlich von einer bloßen 
Reflexwirkung unterscheidet“ und zu „einem rechtlichen Status erhoben wird“. 
Auch der Schadenersatzanspruch aus B.G.B. $ 823 ist immer ein Recht des 
Verletzten; das, woran die Verletzung verübt wurde, kann ein Recht sein 
($ 823 Abs. 1) oder auch nicht ($ 823 Abs. 2).
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.