Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

118 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung. 
II. Die Anwendbarkeit des Zivilrechts auf Verhältnisse zwischen 
Staat und Untertan bleibt bestehen, aber als Ausnahme, weil 
das öffentliche Recht hier von vornherein das für diese Ver- 
hältnisse eigens bestimmte Recht ist. Sie setzt voraus, daß die 
Verwaltung in Lebensverhältnisse eintritt, wie sie auch bei dem 
Einzelnen vorkommen, um alsdann bei diesem durch die Be- 
stimmungen des Zivilrechts geregelt zu werden? Soweit das 
nicht der Fall ist, die Verwaltung also auf ihrem natürlichen 
Boden verbleibt, bezeichnen wir sie als Öffentliche Ver- 
waltung, im Gegensatz zu fiskalischen Verwaltungen und 
einzelnen Betätigungen des Fiskus (vgl. unten III). 
Es kann sich selbstverständlich nur um Anwendbarkeit von 
vermögensrechtlichen Bestimmungen handeln. Der Staat 
muß sich in einem vermögensrechtlich zu ordnenden wirtschaft- 
lichen Verhältnisse so benommen haben, wie ein Einzelner es 
auch tun würde: er muß privatwirtschaftlich auf- 
getreten sein *. 
Man kann die Abgrenzung auch von der anderen Seite her 
versuchen und das Zivilrecht für ausgeschlossen erklären, wo der 
Staat im öffentlichen Interesse tätig erscheint. 
Alle diese an sich richtigen Formeln lassen aber immer der 
Auffassung einen breiten Spielraum. Die genaue Grenzlinie ergibt 
  
  
Beziehungen seien: R.G. 22. Sept. 1888 (Entsch. XXII S. 288), 2. Dez. 1908 
(LXX S. 81), Seydel hat das schon in seiner Jugendschrift als eine „fixe 
Idee“ bezeichnet. Vgl. auch Wach, Z.Pr.R. I S. 55ff.; Goez, V.R.Pfl. in 
Württ. S. 12, 26; Stier-Somlo, Einw. d. bürg.R. S. 66; Fleiner, Inst. S. 52; 
Tezner, in Arch. f. öff. R. IX S. 489 ff.; F. Stein, Just. und Verw. S. 32. 
s Brater, in Bl. f. adm. Pr. V S. 101; G. Meyer-Dochow, Verw.R. 
S.6; Leuthold, in Annalen 1884 S. 361; Laband, in Arch. f. öff. R. II 
S. 155; Fleiner, Instit. S. 53. Es handelt sich stets nur um mehr oder 
weniger gelungene Ausdrucksweise. Auch die etwas allzu sehr zugespitzte Ein- 
teilung nach imperium und dominium (z. B. bei Hatschek, rechtl. Stellung 
des Fiskus S. 19 und durchweg) meint wohl das Richtige. — Holliger, Die 
Kriterien des Gegensatzes zwischen dem öff. R. und Priv.R. S. 11 ff., hat es für 
förderlich gehalten, hier eine Zusammenstellung von siebenzehn „Theorien“ zu 
geben, zum Teil mit Unterabteilungen und Kombinationen. 
* Um zu sagen, wo das Privatrecht Anwendung findet, darf man natürlich 
nicht, wie häufig geschieht, das Privatrechtliche schon voraussetzen; man 
läuft sonst Gefahr, sich im Kreise zu bewegen. Besonders deutlich Muth, 
Beitr. z. Lehre von Pfarrgemeinden I S. 21, wo der „fast allgemein als fest- 
stehend angenommene Satz“ gelehrt wird: „Auf dem Gebiete des Privatrechts 
unterliegt die Kirche dem Zivilrecht“. Vgl. auch Thon, Rechtsnorm S. 140. 
6 Rehm, in Annalen 1885 S. 90; Neumann, in Annalen 1886 S. 416; 
vgl. auch oben $ 2 Note 6. Dagegen Spiegel, Verw.R.Wiss. S. 1493.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.