122 Grundzüge der Verwaltungsrechtsordnung.
Der Staat wirkt aber jetzt auch in Formen des öffent-
lichen Rechtes auf seine Untertanen, und auch das wird
rückbezüglich auf ihn selbst, sobald er äußerlich in den
gleichen wirtschaftlichen Lebensäußerungen auftritt wie ein Unter-
tan: er wird enteignet, trägt Schullasten und Wegelasten, unter-
liegt polizeilichen Vorschriften und strafrechtlichen Haftbarkeiten.
Man kann nicht sagen, daß er in diesen Verhältnissen als
Privatrechtssubjekt auftrete.e Aber auch dann nennt man ihn
Fiskus ',
Fiskus ist demnach ein zusammenfassender Name für
alle die Fälle, in welchen der Staat dem für die
Einzelnen gegebenen Rechte unterliegt, weil erin
Lebensverhältnisse getreten ist, wie ein solcher. Dieser
Fiskus ist nicht der gewöhnliche Privatmann wie der alte; er
lt Eger, Pr. Enteignungsges. I S. 3, 14. 0.V.G. 24. März 1877 (Entsch. II
S. 132): „Der Fiskus ist verpflichtet, zu den Kommunallasten gleich einem Bauern
beizutragen“. O.V.G. 5. Sept. 1878 (Entsch. V S. 328): „Fiskus bedarf wie
jeder andere Privatmann des polizeilichen Baukonsenses“. O.V.G. 23. Jan. 1906
(Eger, Eisenb. Entsch. XXIII S. 27): Einquartierungspflicht des Eisenbahn-
fiskus. Bl. f. adm. Pr. 1877 S. 287: „Das Bauärar“ erscheint renitent gegen
seine polizeiliche Verpflichtung, einen Wasserlauf frei zu halten.
Umgekehrt, wenn man die Rückbezüglichkeit der obrigkeitlichen Gewalt
auf den Staat verneinen will, bringt man das dadurch zum stilvollen Ausdruck»
daß man sagt: es sei nicht der Fiskus, den man da vor sich habe, sondern der
gleichwertige Staat. selbst. O.V.G. 5. Mai 1877 (Entsch. II S. 400): polizeiliches
Verbot eines Militärschießplatzes unzulässig, weil nicht „Fiskus als solcher“
in Frage, sondern eine „Ausübung der Staatshoheit wie die Polizeigewalt“.
0.V.G. 5. Sept. 1878 (Entsch. V S. 332): Polizeibehörde gegen Polizeibehörde,
also nicht Fiskus. O.V.G. 25. Juni 1879 (Entsch. V S. 398): polizeiliche An-
siedlungsgenehmigung für ein Bahnwärterhäuschen nicht nötig, weil nicht im
„eisenbahnfiskalischen Interesse“, sondern im Interesse des Bahnbetriebes
gebaut wird. O0.V.G. 2. Nov. 1885 (Entsch. XII S. 246): Amtsvorsteher befiehlt
dem Stromfiskus, eine Brücke zu bauen; aber es handelt sich hier nicht um
den Fiskus, sondern um „einen Eingriff in die Hoheitsrechte des Staates“.
Anschütz, in Verw.Arch. I S. 452 und Anm. 116: die obrigkeitlichen An-
ordnungen können sich nur richten „gegen den Staat in seiner Eigenschaft
als Privatrechtssubjekt — als Fiskus“. Schultzenstein, ebenda XII S. 174
Anm. 106, bemerkt dazu: so allgemein sei das „schwerlich richtig“. „Privat-
rechtssubjekt“ ist allerdings, wie oben bemerkt, ungenau. Aber daß es immer
nur der Fiskus ist, gegen den sich die Maßregel alsdann richtet, das ist des-
halb „allgemein richtig“, weil man einfach jedes Mal, wenn man annehmen will,
daß die Polizei so vorgehn dürfe, dem Staate den Namen Fiskus zubilligt. Es
gibt Feinheiten der juristischen Sprechweise, hinter denen gar nicht so viel
steckt.