$ 12. Das Beschwerderecht. 127
Remonstration. Richtet es sich an eine Oberbehörde, so heißt es
Beschwerde, Rekurs®.
Die Antwort, welche im einen wie im anderen Falle auf das
Gesuch erteilt wird, ist der Bescheid. Er gewährt die Abhilfe,
wenn dem Gesuchsteller Unrecht getan worden ist, rechtswidriger
oder unbilliger Weise. Um das festzustellen, muß aber in eine
neue Prüfung der Sache eingetreten werden, und daß dieses ge-
schieht, ist durchaus nicht selbstverständlich. Im Gegenteil ist
um der guten Ordnung willen stets von der Annahme auszugehen,
daß, was die Behörde erledigt hat, gut erledigt ist. Ohne be-
sonderen Anlaß greift man nicht noch einmal darauf zurück. Ob
ein solcher Anlaß in dem Gesuch und seinen Behauptungen gegeben
ist, unterliegt freiem Erıinessen. Es kommt auf den Eindruck an,
den es macht, und ist mehr oder weniger Glückssache. Je nach
dem fällt es glatt unter den Tisch und wird nur der Form halber
beschieden *.
Auf diese Weise aber ist die Beschwerde immer noch das
gerade Gegenteil von dem, was wir als einen Weg Rechtens be-
zeichneten, und die Gegenvorstellung desgleichen,.
38. Die Beschwerde wird zum Rechtsschutzmittel erst dadurch,
daß die angegangene Behörde gebunden ist, daraufhin eine
® Parey, Pr. Verw.R. 1 S. 179; v. Brauchitsch, Verw.Ges. S. 276;
Österr. Staatswörterb. ] S. 486. O.V.G. 14. Dez. 1883 (Entsch. X S. 349). —
Insofern diese Beschwerde nur bezweckt, das ohnehin bestehende Aufsichts-
recht der Oberbehörde in Bewegung zu setzen, nennt man sie wohl auch A uf-
sichtsbeschwerde: Apelt, Sächs. Verw.R.Pfl.Ges. Note 24 zu $ 73;
Rumpelt, in Fischers Ztschft. XXI1V S. 273ff.; Krais, Handb. d. inn. Verw.
1 S. 62. Anders v. Bitter, Handwörterb. 1 S. 274, wo das Wort eine Be-
schwerde bedeutet, die nur auf Beseitigung allgemeiner Mißstände gerichtet ist.
* Bad. Verord. 12. Juli 1864 8 6. Gerber, Öff. Rechte S. 79 Note 1,
rühmt „die humane Sitte unserer Behörden, Bitten nicht ohne weiteres abzu-
weisen“. Das bezieht sich nur auf die höfliche Form. — Der Unterschied kann
wichtig werden wegen Einhaltung der Frist für ein eigentliches Rechtsmittel:
wenn die Behörde auf die Gegenvorstellung einfach antwortet, es müsse bei
dem Beschlusse sein Bewenden haben, läuft die Frist von jenem ab; wenn sie
aber „sich einer erneuten Prüfung unterzogen und sich auf Grund dieser
Prüfung anderweit in der Sache schlüssig gemacht hat“ (auch mit dem gleichen
Ergebnis), dann läuft die Frist von dieser „zweiten Verfügung“. So 0.V.G.
2. Juni 1881 (Entsch. VII S. 253).
° Sarwey, Allg. Verw.R. S. 152: „nur ein Anlaß“; Bornhak, Pr. St.R-
II S. 470: „eine Anzeige und daran geknüpfte Bitte; Kormann, Rechts-
geschäftl. Staatsakte S. 309: „bloße Anzeigen und Mitteilungen“. Der letztere
nimmt wohl mit Recht an, daß dergleichen auch von geschäftsunfähigen Per-
sonen ausgehen könne.