$ 12. Das Beschwerderecht. 131
4. Der Bescheid enthält immer zunächst einen Ausspruch
über die Zulässigkeit der Beschwerde; das ist die Entscheidung,
ob die Behörde einem gehörig geltend gemachten Recht auf
Prüfung und Bescheid gegenübersteht. Wird dies verneint, so er-
folgt die Abweisung mit der Wirkung, daß es einfach bei dem
angefochtenen Beschlusse bleibt. Die Bejahung geschieht meist
nicht ausdrücklich, sondern mittelbar durch den Ausspruch in
der Sache selbst.
Wird die Beschwerde sachlich für unbegründet befunden und
deshalb zurückgewiesen, so bedeutet das,. daß die Ober-
behörde den angefochtenen Beschluß zu dem ihrigen macht. Die
Unterbehörde ist nun nicht mehr imstande, ihn als fehlerhaft
zurückzunehmen wegen Rechtswidrigkeit oder tatsächlicher Un-
angemessenheit; sie ist gebunden durch die stärkere Kraft des von
der höheren Stelle geäußerten Staatswillens. Wohl aber kann sie
auf Grund des so Bestimmten weiter verfügen, was im Laufe der
Dinge nun erforderlich wird durch neue Tatsachen und neue
Gesichtspunkte, die Berücksichtigung finden sollen, gerade wie wenn
es einfach ihr eigener Akt wäre.
Ganz das Gleiche tritt ein, wenn auf die Beschwerde hin eine
Abänderung des angefochtenen Beschlusses erfolgt ist '®.
Wird dagegen der angefochtene Akt schlechthin aufgehoben,
so verschwindet er aus dem rechtlichen Dasein. Neues tritt nicht
bis 123, 125. Die Beschwerde rückt dabei äußerlich so nahe an die Verwaitungs-
rechtspflege heran, daß es notwendig wird, die Grenze nach dieser Seite bin
besonders zu wahren; vgl. unten $ 14 Note 3. — Hier erscheint auch eine Be-
schwerde des Vorsitzenden der Behörde, die den anzufechtenden Beschluß
erließ ($ 123). Selbstverständlich übt damit der Vorsitzende kein Beschwerde-
recht aus wie das hier behandelte; es ist ein Betrieb des Verfahrens von Amts-
wegen, der nur äußerlich der Formen der Beschwerde sich bedient (vgl. unten
$ 14, S. 151). Ähnliches auch anderwärts: Fleiner, Inst. S. 224 Note 16.
183 Die Zulässigkeit einer Änderung auch zum Nachteil des Beschwerde-
führers wird grundsätzlich zu bejahen sein. Die angerufene Oberbehörde ist
schlechthin Herrin des für diesen Fall zu äußernden Staatswillens, wie es die
zuerst mit der Sache befaßte war; die Anträge der Beteiligten ziehen ihr keine
Schranken: Schultzenstein, in Verw.Arch. XI S. 365 ff.; Tezner, Österr.
Adm. Verf. S.268 ff. Anders wenn die Beschwerde die angerufene Behörde für
solche Sachen überhaupt erst zuständig macht; dann soll sie es auch nur
werden zugunsten dessen, der sie anruft. Das gilt vor allem für die besonderen
Kommissionen zur Erledigung von Beschwerden in Steuersachen: Fuisting,
Verw.Arch. IV S. 297, 302 (wo der Grundsatz allzusehr verallgemeinert wird);
Herzog, Rechtsmittelverf. in Steuersachen S. 107, 109; Fleiner, Instit.
Ss. 226.
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