$ 15. Arten der Verwaltungsstreitsachen. 157
ausgestattet ist mit einem gewissen Mitwirkungsrechte an dem
Verfahren, in welchem jenes zur Entstehung gebracht werden soll
(vgl. oben $ 14).
Unserem Begriffe und dem Zweck der ganzen Rechtsschutz-
vorkehrung ist genügt, wenn eine solche Partei der richtenden
Behörde gegenübersteht. Es können aber auch ihrer zwei oder
mehrere nebeneinander an dem Ausspruch beteiligt sein. Und vor
allem können Parteien in entgegengesetztem Sinne daran
beteiligt sein, als Kläger und Beklagter.
Diesem letzteren Fall entspricht das stehende Bild, das der
Zivilprozeß uns liefert. Die Lehre, daß die entgegengesetzten
Parteien überall zum Begriff der Rechtspflege erforderlich seien,
ist abzulehnen als eine kritiklose Verallgemeinerung des am Zivil-
prozeß Gewohnten. Aber unsere Rechtssprache ist natürlich von
jenem Vorbild beherrscht: nennen wir doch alle hierher gehörigen
Sachen Verwaltungsstreitsachen und das Verfahren, in welchem sie
behandelt werden, Verwaltungsstreitverfahren. Und auch auf die
Bestimmung des Umfanges und der äußerlichen Gestaltung der
Verwaltungsrechtspflege hat es stark eingewirkt.
Daraus erklärt sich vor allem, daß die Gesetzgebung stets
am ersten geneigt war, Verwaltungsrechtspflege da anzuerkennen
und einzurichten, wo an einer zu entscheidenden Verwaltungs-
angelegenheit Einzelne oder Gemeinwesen in entgegengesetztem
Sinne beteiligt sind und so um das Ergebnis ringen: dieadmini-
strativ kontentiösen Sachen, die Parteistreitigkeiten
des öffentlichen Rechts haben die Führung (vgl.oben $ 13 Note2).
Werden dann noch andere Verwaltungsstreitsachen anerkannt,
die keine Parteistreitigkeiten sind, so wirkt jenes Vorbild dahin,
daß man ihnen wenigstens die Äußere Gestalt von solchen verlieh,
indem man der einen Partei, die allein gegeben war, eine Be-
hörde in Parteirolle gegenüberstellte. Das geschah in bewußter
Würdigung der besonderen Vorteile dieser Einrichtung für die Er-
zielung eines befriedigenden Urteils und Stärkung des Gefühls
der Rechtssicherheit. Wie der Strafprozeß sein Anklageverfahren,
so erhielt auch die Verwaltungsrechtspflege über eine Partei einen
ins Verwaltungsrechtliche übersetzten Staatsanwalt. Das gibt ein
kontradiktorisches Verfahren mit einer Partei: zwei-
seitig ist daran nur die Prozeßführung?.
6 Vgl. oben $ 13, IH. — Daß es Verwaltungsrechtspflege mit nur einer
Partei gibt, kann nicht in Zweifel sein; vgl. Reger-Dyroff, Bayr. V.Ger.Ges.
zu Art. 8 Eing., Anm. 2, b; Sächs. 0.V.G. 28. Jan. 1905 (Jahrb. VII S.6). Die