4 Kinleitung.
nämlich. für welche das Verwaltungsrecht geschaffen
worden ist*.
l. Gesetzgebung bedeutete im älteren Rechte die Tätigkeit
des Fürsten als Trägers oberster Gewalt zur Aufstellung von
schlechthin verbindlichen allgemeinen Regeln, von Rechtssätzen°.
Das Verfassungsrecht hat gerade für diese Art staatlicher
Tätigkeit seine neu geordnete Volksvertretung bestimmt. Daß die
Gesetzgebung fortan geschehen solle unter Mitwirkung der Volks-
vertretung, ist der grundlegende Gedanke. Die Gesetzgebung bleibt
Aufstellung von Rechtssätzen durch die oberste
Gewalt, aber diese oberste Gewalt gibt sich jetzt nur zu er-
kennen durch die Mitwirkung der Volksvertretung. Das
ist die Zutat, die durch die Verfassung der alte Begriff bekommen
hat. Er setzt sich jetzt aus zwei Bestandteilen zusammen: einem
sachlichen, dem bestimmten Inhalt der Tätigkeit, und einem
persönlichen, dem bestimmten Ausgangspunkte dieser Tätigkeit®.
* Haenel, Ges. im form. und mat. Sinne S. 183, sagt von unserer Drei-
teilung, sie widerspreche „jeder logischen Anforderung an eine wissenschaft-
liche Einteilung“. Aber sie ist ja auch nicht für Lehrbuchzwecke gemacht
worden. |
5 Pütter, inst. jur. publ. $ 221; Moser, Landeshoh. in Reg.S. Kap. IV
$ 2; Häberlin St.R. II $S 221; A.L.R. II, 13 8 6.
6 Der geschichtliche Zusammenhang läßt sich deutlich erkennen bei
Rousseau. Er hateinfach den alten Gesetzesbegriff mit der neuen Idee der
Volkssouveränität verschmolzen. In diesem Sinne sagt er (Contr. soc. II
Kap. 6), Gesetzgebung sei es: „quand tout le peuple (Souverän) statue sur tout
le peuple (Rechtssatz), alors la matitre sur laquelle on statue est generale
comme la volonte qui statue“. Hier ist also aus dem alten Recht das doppelte
Element: höchste Gewalt und Rechtssatz beibehalten; neu ist nur, daß das
Volk jetzt als Träger der höchsten Gewalt erscheint.
Seitdem hat sich insofern eine Änderung vollzogen, als die beiden
Elemente des Rousseauischen Begriffs auch getrennt erscheinen können und
der Name „Gesetz“ dann gleichwohl beibehalten wird. Es ist also jetzt nach
der unter hLabands Führung eingebürgerten Ausdrucksweise Gesetz im
formellen und Gesetz im materiellen Sinne zu unterscheiden, das
erste jede Art von Willensäußerung der höchsten Gewalt, Fürst mit Volks-
vertretung, bezeichnend, also den in Form des Gesetzes ergehenden Staats-
willen; das letztere jeden angeordneten Rechtssatz, gleichviel wer ihn an-
geordnet hat (Laband, St.R. II S. 61 ff.).
Immerhin kann auch jetzt noch beides verbunden sein; es ist sogar die
Regel, daß das Gesetz im formellen Sinne einen Rechtssatz enthält, also zu-
gleich Gesetz im materiellen Sinne ist: Laband a.a. O. II S. 64, 856 I
a. E.; Anschütz, Gegenwärt. Theor. über d. Begr. d. gesetzg. Gewalt S. 13 ff.;
Hubrich in Annalen 1904 S. 847; Haenel, Ges. im form. und mat. Sinne
S. 278: Arndt, Verord.R. d. Deutsch. Reichs S. 187 ff.