166 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen.
stimmt, was Rechtens sein soll®. In der Rechtskontrolle
geschieht, statt durch Neuschöpfung mit eigenem Entschlusse, die
Nachprüfung durch Anlegung eines allgemeinen Maßstabes. Diesen
liefert für die Richtigkeit des freien Ermessens in sich selbst
naturgemäß keine Rechtsnorm. Vielmehr kommt hier wieder das
bekannte Mittel zur Anwendung, dessen sich die Justiz für die
Würdigung solchen mit inneren Vorgängen zusammenhängenden
Verhaltens zu bedienen pflegt, mit oder ohne ausdrückliche Gesetzes-
bestimmung: für die Frage, ob im Einzelfall gebührende Sorgfalt
geübt ist, ob Wissen oder Nichtwissen vorlag, muß sich der zu
Beurteilende messen lassen an einem gedachten Normalmenschen,
an dem guten Hausvater, deın sorgfältigen Kaufmann usw. In
gleicher Weise wird auch hier nicht untersucht, ob die Tatsachen
den Handelnden nach dem Eindruck, den sie ihm machten, nach
seinen Gaben und Veranlagungen bestimmt haben, so zu tun — das
wäre Psychologie, aber nicht Juristerei — sondern die Frage ist:
konnten sie die Wirkung hervorbringen bei einem ordent-
lichen Verwaltungsbeamten? Wo nicht, so ist es „Will-
kür“, „Mangel an objektiven polizeilichen Motiven“, kurz fehler-
hafte Anwendung des freien Ermessens gewesen und der Akt der
Aufhebung durch das nachprüfende Gericht verfallen ®*.
Mit dieser Nachprüfung des freien Ermessens verknüpft sich
nun, wie im ersten Falle mit der Rechtsanwendung, auch eine
Nachprüfung des vorausgesetzten Tatbestandes. Er-
gibt sich daran durch erhobene Beweise oder andere Würdigung
von Seiten des Gerichts eine Änderung, so zieht das nicht not-
wendig die Aufhebung des Aktes nach sich. Es komnit auch nicht
darauf an, ob der Beamte, der ihn erließ, bei so aufzufassenden
Umständen anders gehandelt hätte: der Maßstab des Normalheamten
wird auch an den anders gedachten Tatbestand angelegt und je
nach dem der angefochtene Akt aufgehoben older bestehen gelassen ®.
23 Vgl. oben $ 13 Note 7.
#4 0.V.G. 21. März 1879 (Eintsch. III S. 394): 21. Febr. 1900 (Entsch.
XNXXVIL S. 338); 19. März 1906 (Entsch. LS. 377) Friedrichs in Preuß.
Verw.Bl. XXX S. 520 fl.
268 Q.V.G. 22. Dez. 1883 (Entsch. X S. 196): „Die Nachprüfung beschränkt
sich nicht darauf, ob die Verfügung nach den geltend gemachten tatsächlichen
Voraussetzungen in abstracto möglich ist, sondern es wird geprüft, ob die
rechtlich an sich zulässigen tatsächlichen Voraussetzungen in concreto vor-
handen sind.“ O.V.G. 21. März 1879 (Entsch. III S. 393): Die Anfechtung
nach $ 127 Abs. 3 Zifl. 2 ist begründet, „wenn die Behörde wesentliche