Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

170 Der Rechtsschutz in Verwaltungssacheu. 
II. Die Rechtskraft hängt derart eng zusammen mit dem 
Prozeß, daß sie auch in ihren Wirkungen beschränkt ist auf die 
Parteien des vorausgegangenen Verfahrens: res judi- 
cata jus facit inter partes. Das schließt nicht aus, daß die ur- 
sprüngliche Partei ersetzt werden kann durch eine andere Person, 
die für sie in das rechtskräftig bestimmte Verhältnis eintritt; es 
gibt auf diese Weise auch in der Verwaltungsrechtspflege wie im 
Zivilprozeß eine Rechtsnachfolge in die Rechtskraft®. 
Über diesen Kreis hinaus wirkt sie nicht. 
Daß das Verhältnis durch das Urteil seine rechtliche Be- 
stimmtheit erhalten hat und wie es sie erhalten hat, das kann in 
den Zusammenhängen des Verkehrs für unberechenbare Mengen 
von Einzelfällen und daran beteiligten Einzelmenschen bedeutsam 
werden. Aber das gilt ganz in der gleichen Weise von der Be- 
stimmtheit, welche der einfache Verwaltungsakt gibt, ist also 
nichts der Rechtskraft Eigentümliches®. Das, was sie dieser recht- 
lichen Bestimmtheit hinzufügt, die Gebundenheit der Behörde an 
den unberührbaren Bestand des Aktes selbst, das beschränkt sich 
auf die Partei und ihren Rechtsnachfolger. — 
Damit Rechtskraft entstehe und nachher wirksam werde, 
müssen nicht zwei oder mehr Parteien sich gegenübergestanden 
haben; das „inter partes“ gilt hier nicht wörtlich. So gut es Ver- 
waltungsstreitverfahren gibt mit nur einer Partei (oben $15, II), 
hängt sich auch die daraus hervorgehende Rechtskraft des Urteils 
dann nur an diese, um die dem Inhalt des Urteils entsprechende 
Bestimmtheit ihres Verhältnisses zur Obrigkeit, zum Staat, mit der 
ihr eigentümlichen Unverbrüchlichkeit auszustatten. — 
Als Partei erscheint dabei auch wieder der Fiskus (vgl. oben 
Rechtskraft hält, steht darin kein Wort. Der 26. D. Jur. Tag aber hat, um einem 
eifrigen Anhänger Bernatziks entgegen zu kommen und ohne die Trag- 
weite zu übersehen, durch einstimmigen Beschluß unsere Rechtskraft außer 
den verwaltungsgerichtlichen Urteilen auch noch den Entscheidungen der Ver- 
waltungsbehörden zuerkannt (Verhandl. III S. 428; dazu Arch. f. öfl. R. XXI 
S. 16 ff). Und jetzt beruft sich schon ein und der andere Gelegenheitsschrift- 
steller auf diese verunglückte Äußerung, als hätte sie die schwierige Sache 
endlich in Ordnung gebracht. 
® Hellwig, System 8. 814. 0O.V.G. 9. Okt. 1880 (Entsch. VII S. 294). 
® Da Bernatzik unter Rechtskraft eigentlich nichts anderes versteht, 
als die durch die „Macht der l,ogik“ verstärkte bindende Kraft des Ver- 
waltungsaktes, so dehnt sie sich bei ihm auch mit Leichtigkeit auf diese weiteren 
Kreise aus, auf alle „faktischen Interessenten“ (S. 189), eigentlich sogar auf 
jedermann (S. 184. Deshalb darf er geradezu sagen, im Verwaltungsrecht 
gelte: res judicata jus facit inter omnes (S. 189).
	        
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