Full text: Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft. Band 6.1. Deutsches Verwaltungsrecht. (1)

186 Der Rechtsschutz in Verwaltungssachen. 
Urteil als rechtlich unbeachtbar behandeln, d. h. ein solches, das 
anordnen will, was von einem Gericht überhaupt nicht angeordnet 
werden kann (vgl. oben $ 9 Note 6). Im übrigen hat sie weder 
Nachprüfungsrecht noch Selbstverteidigungsrecht. Für das letztere 
ist die nun zu betrachtende Einrichtung des Kompetenzkonflikts 
bestimmt, ihr einen Ersatz zu gewähren !", 
III. Zum Schutze der Verwaltung gegen Übergriffe der Justiz 
gestattet G.V.G. 8 17 Abs. 2, einen Kompetenzkonfliktshof 
und ein Kompetenzkonfliktsverfahren einzurichten. Die 
Justiz bedarf dessen nicht. 
1. Die „Streitigkeiten zwischen den Gerichten und den Ver- 
waltungshbehörden oder Verwaltungsgerichten über die Zulässigkeit 
des Rechtswegs“, von welchen G.V.G. $ 17 Abs. 2 spricht, sollen 
auch den sogenannten negativen Kompetenzkontlikt umfassen. 
Für uns ist hier nur der positive Kompetenzkonflikt bedeutsam. 
Der übliche Name ist ungenau; es handelt sich nicht bloß um die 
beiderseitige Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur Entscheidung 
einer bestimmten Sache. Vielmehr komnit hier jede Art behaupteten 
Übergriffes in Betracht, der die Verwaltung stört (vgl. oben II n.1). 
Auch wegen der Verwaltungsgerichte muß der Kompetenz- 
konflikt erhoben werden könuen, denn auch ihnen gegenüber be- 
steht jener Vorzug der Justiz, den er ausgleichen soll 8, 
!7 Der Zusammenhang der Kompetenzkonfliktseinrichtung mit der recht- 
lichen Minderwertigkeit der Verwaltungsakte ist trefiend hervorgehoben bei 
Oppenhoff, Ressortverh. (1904) S. 21 Anım. 23, Bei Beratung des $ 17 
G.V.G. in der Kommission ging man davon aus: die Entscheidung des Gerichts 
sei „natürlich maßgebend“ (Hahn, Mat. I S. 609), maßgebend auch für die 
Verwaltung. In diesern Sinne ist $ 17 Abs. 1 zu verstehen. Der Minister ver- 
langte demgegenüber im Plenum den Kompetenzkonflikt als ein Mittel, um die 
Ebenbürtigkeit der Verwaltung zu behaupten; dessen Versagung bedeute „eine 
Degradation der Verwaltung, die Verwaltungsgerichte werden zu Gerichten 
zweiter Klasse“ (Hahn, Mat. II S. 1173). Das wollte aber gerade der Abg. 
Bähr (Hahn, Mat. I S. 690), — Bemerkenswert Sarwey, Öff. R. u. Verw, 
R. Pfl. S. 673 ff, wo volle Gleichwertigkeit und dafür zweiseitiger Kompetenz- 
konflikt verlangt wird. Das württemb. Recht hatte allerdings — als Aus- 
nahmeerscheinung — eine Zeit lang diese Einrichtung — Kuttner, Urteils- 
wirkungen S. 138 ff. gibt zu dieser Gebundenheit der Verwaltung nähere Aus- 
führungen. Es handelt sich aber hier nicht um eine Seite der materiellen 
Rechtskraft, sondern einfach um die Wirkung des obrigkeitlichen Aktes (vgl. 
oben $ 16 Eing.); formelle Rechtskraft ist natürlich verlangt, da ja vorher der 
Justizakt überhaupt noch nicht fertig ist. 
8 Sarwey, Öff. R. u. Verw.R.Pfl. S. 686; Loening, in Verw. Arch. VI] 
S.44 Note 3. Wenn der letztere meint: für den Konflikt zweier rechtskräftiger 
Urteile, eines zivilgerichtlichen und cines verwaltungsgerichtlichen, biete unsere
	        
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